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Nach Busunfall bei Leipzig: Ruf nach Konsequenzen

Bei einem schweren Busunfall nahe Leipzig sind vier Frauen ums Leben gekommen. Nach dem Unglück bleiben viele Fragen offen. Zu Hergang und Ursache laufen Ermittlungen - auch gegen den Busfahrer.

Nach Unfall mit Reisebus auf A9 bei Leipzig Heiko Rebsch/dpa

Leipzig/Wiedemar (dpa) - Ein schwerer Busunfall hat den Osterreiseverkehr in Sachsen überschattet. Die Unfallursache und der genaue Hergang des Unfalls am Mittwoch bei Leipzig werden noch untersucht. Es gab 30 Verletzte, vier Frauen starben - die Identität eines der Opfer ist nach wie vor bisher nicht zweifelsfrei geklärt, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag. Unter den Toten sind eine 47-jährige Polin, eine 20-jährige Indonesierin mit Wohnsitz in Berlin sowie eine 19-Jährige aus Bayern. Der Doppeldecker-Flixbus war am Mittwochmorgen auf der Autobahn 9 von der Fahrbahn abgekommen und auf die Seite gestürzt.

Der Bus mit 54 Menschen an Bord, inklusive der beiden Fahrer, war von der Fahrbahn abgekommen, in den Grünstreifen gerast und auf die Seite gekippt. Neben den 4 Toten gab es 6 Schwerverletzte und 29 Leichtverletzte. Zu deren Zustand macht die Polizei keine Angaben.

Gegen den Busfahrer ermittelt die Staatsanwaltschaft. Dem 62-Jährigen werden fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Ob der Mann schon vernommen wurde, konnte ein Polizeisprecher nicht sagen.

In der Nacht zum Karfreitag verunglückte ein weiterer Bus auf der Autobahn 44 in Nordrhein-Westfalen: Schüler eines Berufskollegs aus Warburg an der Grenze zu Hessen waren auf dem Rückweg von einem Ausflug nach England. Ihr doppelstöckiger Reisebus kam bei Werl von der Autobahn ab, fuhr in eine Böschung und stürzte auf die Seite. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war dem ein medizinischer Notfall des Busfahrers vorausgegangen. Insgesamt wurden den Angaben zufolge 21 Insassen verletzt, davon einer schwer, aber nicht lebensgefährlich.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder schwere Unfälle von Reisebussen. Dennoch zählen sie zu den relativ sicheren Verkehrsmitteln und sind der Unfallstatistik zufolge vergleichsweise selten in Verkehrsunfälle mit Personenschaden involviert. «Dennoch sind Fälle, in denen es zu Unfällen kommt, oft dramatisch, weil die Zahl der Betroffenen hoch sein kann», sagte ein Sprecher des ADAC. 2022 kamen den Angaben zufolge bei Busunfällen in- und außerhalb von Ortschaften insgesamt acht Menschen ums Leben, eine im langjährigen Vergleich nicht ungewöhnliche Zahl.

Henrik Liers, Geschäftsführer der Verkehrsunfallforschung an der TU Dresden, sagte der «Leipziger Volkszeitung» (Samstag) mit Blick auf den A9-Unfall: «Solche tragischen Einzelfälle könnten helfen, für die bestehende Anschnallpflicht in Reisebussen und ihre Bedeutung im Notfall zu sensibilisieren.» Beim Thema Gurtpflicht «herrscht sicher ein Mangel». Aus seiner Sicht vorstellbar wären vor allem bei längeren Fahrten Sicherheitshinweise wie in Flugzeugen und eine regelmäßige Kontrolle durch den zweiten Fahrer, der nicht am Steuer sitzt.

Auch der ADAC verwies auf die seit 1999 bestehende Gurtpflicht in Reisebussen. «Ob und wie die einzelnen Unternehmen kontrollieren, ob Insassen angeschnallt sind, ist nicht nachzuvollziehen», sagte der Sprecher. Grundsätzlich werde empfohlen, sich anzuschnallen. Zudem müssen Reisebusse laut ADAC seit 2022 mit einem sogenannten Spurhaltewarnsystem ausgestattet sein. Es warnt den Fahrer, verhindert das tatsächliche Abkommen von der Fahrbahn jedoch nicht, falls er nicht gegenlenkt. Ob der verunglückte Bus eines hatte, war zunächst nicht bekannt.

«Jeder Unfall, der sich ereignet hat, und jeder einzelne Verletzte ist einer zu viel», sagte Flix-Chef André Schwämmlein der «Bild» (online: Freitag). Trotz strenger Sicherheitsmaßnahmen seien Unfälle leider nicht komplett zu verhindern. Man habe daher ein umfassendes Sicherheitskonzept für jeden Flixbus etabliert.

Nach dem Unfall bei Leipzig steht für die Ermittler jetzt die Ursachenforschung im Vordergrund. So sollen auch alle Verletzten, die in einem Krankenhaus behandelt werden, befragt werden, sofern es deren Gesundheitszustand zulässt. Zudem wird ein unfallanalytisches Gutachten in Auftrag gegeben. Mit ersten Ergebnissen ist Angaben nach wohl erst in einigen Wochen zu rechnen.

Der Reisebus war auf dem Weg von Berlin nach Zürich verunglückt, zwischen der Anschlussstelle Wiedemar und dem Schkeuditzer Kreuz - nach ersten Erkenntnissen ohne Beteiligung eines anderen Fahrzeugs. Der Fahrer soll nach Angaben des Busunternehmens alle Lenk- und Ruhezeiten eingehalten haben. «An Bord waren zwei Fahrer, der Fahrer im Einsatz steuerte den Bus seit Abfahrt in Berlin um 8 Uhr.»

Die Insassen stammten laut Polizei überwiegend nicht aus Deutschland. Von den 54 Passagieren haben 18 eine deutsche Staatsangehörigkeit. Die übrigen stammten aus über 20 Ländern, darunter Peru, Neuseeland, China, Kanada und den USA.

CDU-Verkehrspolitiker Christoph Ploß forderte in den Zeitungen der «Funke Mediengruppe» (online: Freitag) Konsequenzen: «Ich erwarte, dass die Sicherheitsbehörden dieses schreckliche Ereignis zum Anlass nehmen, alle Abläufe auf den Prüfstand zu stellen und daraus Konsequenzen für die Sicherheit der Fahrgäste zu ziehen.» Sie müsse oberste Priorität haben.

© dpa-infocom, dpa:240328-99-496904/5

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