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«Den Schweden ans Herz gewachsen»: König Carl Gustaf

Es gibt vielleicht schillerndere Monarchen. Doch kaum einer ist seit so langer Zeit Staatsoberhaupt seines Landes wie Schwedens König Carl XVI. Gustaf. Es gibt nun Grund zum Feiern.

Zum 50. Thronjubiläum von Schwedens König Carl Gustaf Pavel Golovkin/AP/dpa

Stockholm (dpa) - Er entwickelte sich vom unbeholfenen Jungkönig zum allseits respektierten Monarchen: Schwedens König Carl XVI. Gustaf hat eine lange Reise als Regent hinter sich. Der 77-Jährige musste ohne Vater aufwachsen, sich weitgehend allein in der royalen Welt zurechtfinden und den Weg auf den Thron allein gehen.

Entgegen aller Widerstände etablierte er sich als geschätztes Staatsoberhaupt, fand seine große Liebe in Deutschland und stolperte auch nicht über einen handfesten Skandal. Nun feiert Carl Gustaf sein 50. Thronjubiläum - und sein Volk darf mitfeiern.

Diesen Freitag (15. September) ist es genau ein halbes Jahrhundert her, dass Carl Gustaf nach dem Tod seines Großvaters Gustav VI. Adolf (1882-1973) König von Schweden wurde. Das runde Thronjubiläum wird in Stockholm nun mit einem Jubiläumswochenende gefeiert, das für die Königsfamilie am Freitag mit einem Gottesdienst in der Schlosskirche beginnt, ehe der König der Wachablösung vor dem Schloss beiwohnt und daraufhin auch feierlich besungen werden soll.

Fahrt in der Kutsche durch Stockholm

Am Abend gibt es ein feierliches Jubiläumsbankett, ehe das Königspaar am Samstag per Kutsche durch Stockholm fährt. Am Samstagabend folgt dann ein Konzert vor dem Schloss, das die Schwedinnen und Schweden kostenlos vor Ort oder direkt im Fernsehen verfolgen können. Mit dabei sind mehrere nationale Musikstars, darunter die zweifache ESC-Gewinnerin Loreen («Euphoria», «Tattoo»).

Gefeiert wird bei all dem ein Mann, der mit seiner Aufgabe an der Spitze des skandinavischen Landes ebenso erst warm werden musste wie das Volk mit ihm. «Er ist den Schweden ans Herz gewachsen», sagt die Filmemacherin Julia Melchior, die jüngst den Film «Mein Vater, der König - Carl Gustaf und Victoria von Schweden» im ZDF veröffentlicht hat. Das habe mit der Dauer seiner Regentschaft zu tun, aber auch mit der Erfahrung und dem Selbstvertrauen, das Carl Gustaf im Laufe der Jahrzehnte gewonnen habe. «Dadurch nimmt er seine Rolle als Landesvater heute viel lieber wahr als früher», sagt Melchior.

In der Tat brauchte Carl Gustaf etwas Anlauf, um sich in königlichen Gefilden zurechtzufinden. Das lag auch daran, dass er ohne Vater aufwachsen musste, weil dieser 1947 bei einem Flugzeugabsturz in Kopenhagen ums Leben gekommen war. Carl Gustaf war damals erst knapp neun Monate alt - und plötzlich in der Thronfolge direkt hinter seinem Großvater. Als dieser 1973 starb, erbte Carl Gustaf den Thron im Alter von gerade einmal 27 Jahren. Er wurde mehr oder weniger unvorbereitet ins Königsamt geworfen - ausgerechnet in einer Zeit, in der Schwedens Monarchie in einer tiefen Krise steckte.

Begegnung mit Silvia Sommerlath 1972

Durch eine Verfassungsreform verlor der König damals fast alle politischen Mitbestimmungsrechte und Stimmen wurden lauter, dass Schweden gar keinen König mehr brauche. Carl Gustaf rang in dieser Zeit auch selbst mit seiner Position. Er war unverheiratet, wirkte unbeholfen und nicht gerade glücklich mit seiner neuen Rolle. Eine Begegnung während Olympia 1972 in München sollte sich für ihn aber als absoluter Glücksfall erweisen. Dort traf er auf eine Frau, die mit ihrem Charme nicht nur den schwedischen König, sondern fortan auch das schwedische Volk begeisterte: die aus Heidelberg stammende Silvia Sommerlath, die bei der Hochzeit 1976 zu Königin Silvia wurde.

«Das Königshaus hat durch Silvia einen ganz anderen Anstrich bekommen», sagt Königshaus-Expertin Melchior. Der schwedische Hof habe sich zu einer richtigen Familienmonarchie entwickelt, mit Carl Gustaf an der Spitze, der majestätischen Silvia (79) an seiner Seite und noch dazu den Kindern Kronprinzessin Victoria (46), Prinz Carl Philip (44) und Prinzessin Madeleine (41). Komplettiert wird dieses Familienidyll von acht Königsenkelinnen und -enkeln.

Heute ist Carl Gustaf der am längsten amtierende Monarch der schwedischen Geschichte und einer der dienstältesten Amtsträger weltweit. Mit der Hilfe der «deutschen» Königin Silvia und seiner Familie, aber auch dank seiner persönlichen Entwicklung hat er sich den Respekt der Schwedinnen und Schweden erarbeitet und dafür gesorgt, dass das Königshaus heute deutlich beliebter ist als noch in den 1970er Jahren. Auch einen Skandal rund um eine Affäre des Königs mit einer Sängerin und nachgesagte Besuche im Rotlichtmilieu überstand die Familie 2010, indem sie fest zusammenhielt.

Traditionen und Modernität

Carl Gustaf ist dabei stets seinem gewählten Leitspruch «Für Schweden - Mit der Zeit» treu geblieben, indem er zum einen zwar Traditionen wahrte, dem Hof zum anderen aber auch mehr Modernität verlieh. Ein wichtiger Entschluss war dabei unter anderem 2019, das Königshaus zu verschlanken und die Kinder von Carl Philip und Madeleine von royalen Pflichten zu befreien. «Das war ein zeitgemäßer Schritt», sagt Melchior - und eben ganz getreu seinem Motto, mit der Zeit zu gehen.

Seiner Tochter Victoria dient er so seit langem als väterliches Vorbild. Das Verhältnis zwischen König und Kronprinzessin wird als liebevoll und herzlich beschrieben und wenn ihr Vater heute noch gelegentlich etwas steif und ungelenk wirken kann, macht seine Tochter das mit ihrer Leichtigkeit und ihrem Lächeln wett. Auch den Spagat zwischen Tradition und Moderne meistert sie schon jetzt mit Bravour.

In ihre Rolle als Thronfolgerin ist Victoria längst hineingewachsen, sodass sich Carl Gustaf gewiss sein kann, dass das Königshaus auch in Zukunft in guten Händen sein wird. Abzudanken kommt für ihn dabei nicht infrage - sein royales Amt, das ihm anfangs zuwider war, hat er längst als Lebensaufgabe verstanden.

© dpa-infocom, dpa:230910-99-140293/3