Trumps langer Schatten: Australier wählen neues Parlament
Wie in Kanada spielt US-Präsident Trump auch bei der Wahl in Australien eine Rolle - denn Oppositionsführer Dutton wurde oft mit ihm verglichen. Das brachte ihn ins Trudeln. Wohin steuert das Land?


Canberra (dpa) - In Australien wählen seit dem Morgen rund 18 Millionen Menschen bei einer mit Spannung erwarteten Abstimmung ein neues Parlament. US-Präsident Donald Trump könnte der amtierenden sozialdemokratischen Regierungspartei zur Wiederwahl verhelfen und der lange favorisierten konservativen Opposition zum Verhängnis werden - ähnlich wie zuvor in Kanada, wo die liberale Regierungspartei siegte. In Umfragen lag der australische Premierminister Anthony Albanese (62) zuletzt fast überall vorn.
Sein Herausforderer Peter Dutton, Vorsitzender der rechtskonservativen Koalition aus Liberalen und Nationalen, wurde noch im Februar als wahrscheinlicher Sieger gehandelt. Dann aber machte er während des Wahlkampfes mit einigen umstrittenen Aussagen von sich reden.
Speziell seine offensichtliche Nähe zur Politik Trumps brachte ihn ins Trudeln - für viele Australier ist der US-Präsident ein rotes Tuch. Dutton kündigte unter anderem an, mehr als 40.000 Staatsbedienstete zu entlassen und mobiles Arbeiten für öffentliche Angestellte zu verbieten. Später rückte er wegen zunehmender Kritik von diesen Positionen wieder ab. Auch sein Vorhaben, in Australien die ersten Atomkraftwerke auf dem Kontinent bauen zu lassen, entpuppte sich ausweislich der Umfragen als Eigentor.
Scharfe Kritik der Medien
«Zu Beginn des Wahlkampfs glaubte er fälschlicherweise, es würde ihm nützen, dem wahnsinnigen Clown im Weißen Haus nachzueifern», schrieb die Zeitung «Sydney Morning Herald» kurz vor der Wahl. «Als man ihn darauf hinwies, dass die überwiegende Mehrheit der Australier Trump überhaupt nicht mag, versuchte er, den Kurs zu ändern. Aber ein Leopard kann seine Flecken nicht abstreifen», kommentierte das linksliberale Blatt Duttons schlechte Umfragewerte. Die Zeitungen und Fernsehsender des Medienmoguls Rupert Murdoch empfahlen dagegen wie üblich, die Konservativen zu wählen.
Der Andrang in den Wahllokalen war am Morgen teils groß, wobei in Australien auch Wahlpflicht herrscht. So mancher ging gleich vom Strand noch in Badehose ins Wahllokal. Zentrales Wahlkampfthema waren die hohen Lebenshaltungskosten und der akute Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Sowohl Albanese als auch Dutton haben versprochen, den finanziellen Druck auf die Bevölkerung zu verringern.
Während bei Albaneses Labor-Partei ansonsten noch eine bessere Gesundheitsversorgung sowie günstigere Kinderbetreuung und Stromrechnungen im Mittelpunkt standen, setzte Dutton vor allem auf Steuersenkungen, Bürokratieabbau und eine deutlich schärfere Migrationspolitik. Auch versprach er, das gesetzliche Atomkraftverbot aus den 1990er Jahren abzuschaffen.
Millionen haben vorab abgestimmt
Der Wahlkommission zufolge haben mehr als acht Millionen Wahlberechtigte schon im Vorfeld entweder per Briefwahl oder per frühzeitiger Stimmabgabe abgestimmt. Das sind etwa 45 Prozent der Wahlberechtigten. Wer gar keine Stimme abgibt, muss mit einer Geldstrafe von umgerechnet 11 Euro rechnen.
Bei dem Votum werden alle 150 Sitze im Unterhaus und 40 der 76 Sitze im Senat neu besetzt. Falls keines der beiden Lager die für eine absolute Mehrheit im Repräsentantenhaus erforderlichen 76 Sitze erreicht, könnten die australischen Grünen (Australian Greens, AG) und unabhängige Kandidaten eine entscheidende Rolle spielen.
Die Wahllokale sind bis 18.00 Uhr Ortszeit (10.00 Uhr MESZ) geöffnet. Ergebnisse werden im Laufe des Abends erwartet.