Durchfahrtsverbote in verkehrsgeplagten Orten an der A8
Wer bei Stau auf Nebenstraßen ausweicht, muss in Oberbayern künftig mit Bußgeld rechnen. Warum im Landkreis Rosenheim jetzt eine Maßnahme greift, die das angrenzende Tirol schon länger durchsetzt.


Frasdorf (dpa/lby) - Wenn auf der Autobahn 8 südlich von München Stau ist, dürfen Autofahrer im Landkreis Rosenheim künftig nicht mehr auf anderen Routen über die Dörfer fahren. Von diesem Freitag an gibt es Durchfahrtsverbote für den Ausweichverkehr. Die Deutsche Presse-Agentur gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wann gelten die Sperrungen?
Die Sperrungen gelten ab Freitag, 15. August, immer von Freitag bis Sonntag sowie an bundesweiten Feiertagen, sofern es auf der A8 zu Staus kommt.
Wo gelten die Sperrungen?
Die Sperrungen gelten im Landkreis Rosenheim an acht Ausfahrten der A8 und an zwei Ausfahrten der A93. Diese Routen Richtung Salzburg und Kufstein sind Hauptachsen für den Reiseverkehr nach Österreich, Italien und Kroatien. Durch die Durchfahrtsverbote soll das nachgelagerte Straßennetz unter anderem in den Orten Aschau, Bad Aibling, Bad Feilnbach, Rohrdorf, Rosenheim und Samerberg entlastet werden.
Wie wird das Verbot umgesetzt?
Die Autobahn GmbH installiert Schilder entlang der A8, etwa mit dem Hinweis «Bei Stau auf der Autobahn bleiben». Zudem weisen LED-Anzeigetafeln auf Sperrungen und Verkehrsbeschränkungen hin. Auch in den Orten werden Hinweisschilder aufgestellt. Die Polizei kontrolliert die Einhaltung, bei Verstoß droht ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit.
Warum werden die Ortsdurchfahrten gesperrt?
Die A8 zwischen München und Salzburg ist eine der meistbefahrenen Autobahnen in Bayern, hier kommt es regelmäßig zu langen Staus in beide Richtungen. Viele Autofahrer nutzen dann Navigations-Apps, um über die Dörfer auszuweichen.
Konkreter Anlass für die Sperrungen waren extreme Zustände durch eine Baustelle im Frühjahr, die sich nicht nur auf die Dörfer unmittelbar an der A8 auswirkten, sondern die komplette Region im Umkreis von bis zu 20 Kilometern lahmlegten.
«Es kam hier zu Szenen, dass selbst in Wohngebieten Stau war, dass einspurige Gemeindeverbindungsstraßen blockiert waren, und dass selbst über Feldwege plötzlich 40-Tonner gefahren sind», schilderte Landrat Otto Lederer (CSU) beim Aufstellen der ersten Schilder in Frasdorf. Maxi Keil von der Bürgerinitiative «Staufreies Dorf» ergänzte, dass die Feuerwehrleute bei Einsätzen gar nicht erst zum Feuerwehrhaus durchgekommen seien. Bauern konnten die Ernte nicht einfahren, der mobile Pflegedienst den Senioren nicht rechtzeitig ihre Medikamente verabreichen.
Wie kam es zu der Entscheidung?
Die Bürgermeister der Region wandten sich letztlich in einem gemeinsamen Brief an Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU). Nachdem das Ministerium Ende Juli antwortete, dass Durchfahrverbote nach seiner Einschätzung rechtlich möglich sind - was nach Einschätzung des Landrats Lederer einen Paradigmenwechsel bedeutet -, war der Weg frei. Letztlich wurden die Sperrungen vom Landratsamt Rosenheim in Abstimmung mit den betroffenen Gemeinden beschlossen.
Gibt es ein Vorbild?
Ja. Im angrenzenden österreichischen Bundesland Tirol gibt es seit Jahren Durchfahrverbote. An den Abfahrten stehen dann speziell geschulte «Straßenaufsichtsorgane» in gelben Warnwesten und verweigern allen ohne Ziel in der Region die Weiterfahrt. Auch auf deutscher Seite gibt es bereits Durchfahrtsverbote für Lastwagen, die den Ausweichverkehr verhindern, wenn es wegen des Dosierverkehrs auf der Inntalautobahn Stau gibt.
Sind die Durchfahrtverbote eine langfristige Lösung?
Ob die Sperrungen die erhoffte Entlastung bringen, müsse sich nun zeigen, sagte Lederer. Er betonte, dass der Verkehr bei einer Überlastung des Autobahnnetzes sehr viel großräumiger und koordiniert auf Bundesstraßen umgeleitet werden müsste.
Der ADAC Südbayern resümierte, dass Durchfahrtsperren nicht die langfristige Lösung sein könnten, weil sie die eigentlichen Probleme nicht beseitigten. Nötig seien ganzheitliche Lösungsansätze, an denen länderübergreifend gearbeitet werden müsse. Konkret bei der A8 müsse der Ausbau zwischen Rosenheim und der Grenze bei Piding/Walserberg vorangetrieben werden. Wichtig sei auch eine Integration der Sperrungen in die Navigationssysteme. Doch darauf, das betonte Landrat Lederer, habe man keinen Einfluss - man könne die Firmen nur darum bitten.
Wollen andere Landkreise nachziehen?
Die Auswirkungen der Sperrungen werden nicht nur von den ebenfalls betroffenen Nachbarlandkreisen, sondern von vielen staugeplagten Regionen genaustens beobachtet. «Das hat eine Signalwirkung für das gesamte Bundesgebiet», betonte der Bürgermeister von Frasdorf, Daniel Mair. Entsprechend gebe es schon zahlreiche Nachfragen.
Einer der Kandidaten ist etwa der Landkreis Ostallgäu, wo die Blockabfertigung am Tiroler Grenztunnel regelmäßig für Stau auf der A7 sorgt. Mehrere Kommunen dort hatten sich deswegen bereits mit einer Petition an den Bayerischen Landtag gewandt.