Freistaat verbietet Kommunen die Verpackungssteuer
Die bayerische Staatsregierung will keine Verpackungssteuer, etwa auf Einwegbecher oder Essens-Schachteln. Zu viel Bürokratie, zu wenig Ertrag, lautet das Argument.


München (dpa/lby) - Der Freistaat Bayern verbietet seinen Städten und Gemeinden, eine Verpackungssteuer einzuführen. Das hat das Kabinett beschlossen, wie Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann in München mitteilte.
Das Bundesverfassungsgericht habe die Steuer prinzipiell als zulässig eingestuft. «Das wollen wir nicht haben», sagte Herrmann. Es solle keine zusätzlichen Belastungen hinsichtlich Kosten und Verwaltungsaufwand für Bürger und Betriebe geben. Eine Verpackungssteuer stünde im Widerspruch zu dem Versprechen, Bürokratie abzubauen.
Gesetzentwurf angekündigt
Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) betonte: «Unsere Betriebe brauchen keine neuen Belastungen, sie brauchen freie Hand, um das Geschäft in Schwung zu halten.» Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, Bayern habe Bagatellsteuern bereits 1979 abgeschafft. «Hieran halten wir auch weiterhin fest.» Er kündigte an, schnellstmöglich einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Einführung eines Verbots für Verpackungssteuern im Bayerischen Kommunalabgabengesetz vorzulegen.
Die Grünen im Landtag halten das Vorgehen der Staatsregierung dagegen für einen unnötigen Eingriff in die Eigenständigkeit der Kommunen. «Ohne Not wird durch Befehl von ganz oben aus der Staatskanzlei den Kommunen eine Einnahmemöglichkeit und ein Instrument zur Steuerung des Abfalls aus der Hand genommen», sagte der Abgeordnete Andreas Birzele. «Statt es den Städten und Gemeinden selbst zu überlassen, ob sie eine solche Steuer einführen wollen, haut die Söder-Regierung hier ein Verbot raus.» Einnahmequellen würden verboten, gleichzeitig aber keine höhere finanzielle Unterstützung trotz Milliardenüberschusses gewährt.
Die Deutsche Umwelthilfe wurde noch deutlicher: «Ministerpräsident Söder entmündigt bayerische Städte und Gemeinden in ihrem Kampf gegen Einweg-Müll», sagte die Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. «Wir fordern Markus Söder auf, diesen Fehler zu korrigieren.» Die Beispiele Tübingen und Konstanz seien erfolgreich gewesen. In Bayern fielen derzeit jährlich rund 900 Millionen Einweg-Getränkebecher und 725 Millionen Essensverpackungen als Abfall an.
Ministerium wird Anträge ablehnen
Das bayerische Innenministerium werde etwaige Anträge ablehnen, die von Kommunen gestellt werden könnten, sagte Herrmann. Längerfristig soll es zu einer gesetzlichen Regelung kommen. Steuern dieser Art, wie etwa auch die in bayerischen Kommunen ebenfalls nicht erlaubte Übernachtungssteuer, brächten wenig Ertrag, seien aber mit hohem Aufwand verbunden.
Eine Verpackungssteuer war 2022 in der Stadt Tübingen eingeführt und seitdem kontrovers diskutiert worden. Auch in Bayern hatten sich mehrere größere Städte, darunter Regensburg und Schwabach, interessiert gezeigt. Dagegen hatte sich vor allem die Gastronomie-Lobby ausgesprochen. Die Stadt Regensburg bedauerte die Entscheidung der Regierung. «Es wäre ein Hebel gewesen, die Müllmengen etwas einzudämmen», sagte eine Sprecherin.
50 Cent pro Becher
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Januar die Klage eines örtlichen Fast-Food-Anbieters gegen die Tübinger Steuer abgewiesen und das Erheben der Steuer somit ermöglicht. Die Stadt verlangt etwa 50 Cent für einen Einwegbecher, 50 Cent für eine Pommes-Schale oder 20 Cent für Einweg-Besteck.
Schaustellern und ortsansässigen Wirten erlaubt der Freistaat zukünftig zudem leichter den Ausschank von Alkohol. Mit dem Reisegewerbe-Schein für Schausteller und der örtlichen Schankerlaubnis des Wirtes sei der Alkohol-Ausschank künftig auch auf Volksfesten und Märkten automatisch erlaubt. Eine Extra-Genehmigung - vor allem für reisende Schausteller ein erheblicher Bürokratieaufwand - sei künftig nicht mehr notwendig, sagte Herrmann.