Oktoberfest: Henker von Traditionstheater Schichtl ist tot
Das Münchner Oktoberfest hat ein Original verloren: Der Henker vom Traditionstheater Schichtl wird nicht mehr das Fallbeil bedienen.


München (dpa/lby) - Vier Jahrzehnte hat er als Henker auf der Wiesn sein Werk getan - jetzt ist Hjalmar Ringo Praetorius, Oktoberfest-Urgestein vom berühmten Traditionstheater Schichtl, gestorben. Wie der Schichtl-Inhaber Manfred Schauer auf Anfrage mitteilte, starb sein engster Mitarbeiter im Alter von 82 Jahren.
Ringo der Schreckliche - so wurde er dem Publikum vor der simulierten «Enthauptung einer lebenden Person auf offener, hell erleuchteter Bühne mittels Guillotine» vorgestellt - hinterlässt eine Ehefrau. Mehrere Medien hatten über seinen Tod berichtet.
«Den Ringo zu mögen war nicht leicht - aber es war immer unmöglich, ihn nicht zu mögen», würdigte ein merkbar stark betroffener Schauer in der ihm eigenen Dialektik seinen Kollegen. «Gestorben wird immer nur am Schluss - ich kenn' niemanden, der früher gestorben ist. Die einzige Ausnahme ist der Ringo: Für den Schichtl lebt er weiter.»
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) würdigte den Verstorbenen als «veritables Münchner Unikum». «Er gehörte zur Wiesn-Institution Schichtl wie die Wiesn zu München», sagte Reiter. Das Oktoberfest werde die Wiesn ärmer sein ohne ihn.
Ein Duo auf der Bühne und im Leben
Das mehr als 150 Jahre alte Theater ist nach seinem Begründer Michael August Schichtl benannt. Vor jeder Schau wird vor dem Theaterzelt für das Spektakel geworben. «Auf geht's beim Schichtl» - den Spruch kennen viele, die Herkunft weniger.
Schauer hatte das Theater 1985 übernommen und gemeinsam mit seinem Henker zur Wiesn dieses Jahres die Arbeit aufgenommen. An jedem Wiesntag gibt es ungefähr 20 Vorstellungen, etwa alle halben Stunden wird enthauptet - und damit jedenfalls mehr als 300 Mal an den mindestens 16 Festtagen.
Schwarzer Humor und rollende Köpfe
Ringo, stets akkurat gekleidet mit schwarzem Zylinder, Fliege und weißem Hemd, hat somit in seiner 40-jährigen Amtszeit zahlenmäßig die Bevölkerung einer bayerischen Kleinstadt im Theater guillotiniert. «Kopf hoch, stirbt sich leichter», riet er dem Delinquenten zu, meist per Zufallsauswahl aus dem Publikum rekrutiert. Dann die schwarze Haube über dem Kopf - und ab aufs Schafott.
Der Kunstkopf rollt, der Henker zeigt die blutige Speiseröhre - um dann sachkundig zu verkünden, was sie Person zuletzt verzehrt habe: Nutella etwa, oder «Kerndl». Damit sie weiteressen könne, bekomme sie den Kopf wieder aufgesetzt. Wenn er den Probanden schließlich von der Bühne entließ, mahnte er, auf den Treppenstufen aufzupassen - damit er sich nicht den Hals breche.
Schon beim Oktoberfest 2024 sei es Ringo gesundheitlich nicht gut gegangen, berichtet Schauer. Der bisherige Henkersknecht Martin Kollmann sei deshalb zum Henker aufgestiegen.