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Prozess um Fehde im Rocker-Milieu - Angeklagte schweigen

Eine Auseinandersetzung im Rockermilieu am helllichten Tag mitten in München machte vor fünf Jahren Schlagzeilen. Nun stehen drei Männer vor Gericht.

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Auto fährt in München in Menschengruppe Matthias Balk/dpa

München (dpa) -   Ein Wagen rollt gezielt auf zwei Männer zu, einer von ihnen bekommt eine Stichwaffe in den Rücken, eine Pistole soll auch im Spiel sein. Auf offener Straße eskaliert in München am helllichten Nachmittag eine Fehde unter verfeindeten Gruppen teils aus dem Rockermilieu. Der Fall sorgte vor fünf Jahren für Aufsehen. Nun stehen drei Männer im Alter von 33, 35 und 39 Jahren dem Landgericht München I.

Die Angeklagten aus dem Umfeld der Hells Angels sollen am 10. Juni 2020 gegen 16.00 Uhr drei teils einer verfeindeten Gruppe angehörende Männer abgepasst, überfallen und schwer verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem gefährliche Körperverletzung vor. Zum Auftakt des Prozesses schwiegen alle drei Angeklagten zu den Vorwürfen. Im voll besetzten Gerichtssaal verfolgten Freunde und Angehörige das Verfahren.

Jahrelange Streitereien gipfeln in brutaler Attacke

Laut Staatsanwaltschaft gab es zwischen den Gruppen langjährige Streitereien, insbesondere mit dem Mann, auf den die mutmaßlichen Angreifer hauptsächlich losgegangen sein sollen.

Hintergrund der Auseinandersetzung an jenem Nachmittag soll laut Staatsanwaltschaft ein Vorfall wenige Stunden zuvor gewesen sein. Dabei soll der später Überfallene die Verlobte des 39-jährigen Hauptangeklagten beleidigt und bedroht haben. Deshalb hätten die Angeklagten beschlossen, ihm einen Denkzettel zu verpassen - und auch möglichen Begleitern, falls er nicht allein unterwegs sein sollte.

Der vor allem ins Visier genommene Mann und ein anderer konnten erst einmal flüchten. Die Angreifer schlugen deshalb zuerst einen Dritten zusammen, der mit der Fehde der Gruppen bisher nichts zu tun hatte.

Zwei Männer mit dem Auto angefahren 

Der Hauptangeklagte soll dann mit einem Van zielgerichtet die beiden anderen angefahren haben. Dem Mann, gegen den sich die Attacke offenbar vordringlich richtete, wurde ein Messer oder eine andere Stichwaffe in den Rücken gerammt.

Kurz nach der Tat war in den Medien die Rede davon, dass ein damals laufender Prozess am Landgericht München I Hintergrund des Angriffs gewesen sein könnte. In dem Verfahren gegen einen Mann aus dem Umfeld der Hells Angels ging es um versuchten Mord auch an dem nun am stärksten attackierten Mann; er war in dem Prozess Nebenkläger.

Ein Jahr zuvor: Gewaltausbruch im Schnellrestaurant

Auch in diesem Prozess ist dieser Mann wieder Nebenkläger - wie auch zwei weitere Opfer. Eines davon war genau ein Jahr zuvor am 10. Juni 2019 in eine Schlägerei mit dem Hauptangeklagten in einem Schnellrestaurant verwickelt – offenbar ein spontaner Gewaltausbruch.

Der heute 39-Jährige hatte dort einem Mitarbeiter im Streit unter anderem ein Tablett über den Kopf geschlagen. «Ich hatte sehr viel Alkohol intus», sagte der Angeklagte vor Gericht. «Gab es einen Grund, dass es zu der Auseinandersetzung kam?», fragt der Vorsitzende Richter Nikolaus Lantz. «Bestimmt!», sagt der Angeklagte. Aber konkret erinnern kann er sich nicht: «Ich weiß es nicht mehr genau.»

Erinnerungslücken und abwesende Zeugen

Alkohol, Drogen, Medikamente, immer wieder im Wechsel – nur ungefähr kann der 39-Jährige rekonstruieren, was er vor der Tat konsumiert hatte. Im vergangenen Herbst hatte er sich nach einer Zeit im Ausland der Justiz gestellt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Der Schnellimbiss-Mitarbeiter sollte eigentlich mittags als Zeuge ins Gericht kommen – und dann im Zuge des Täter-Opferausgleichs noch gut 5.000 Euro bekommen. Doch er erschien nicht. Nach einigen Telefonaten heißt es: Er habe die Ladung nicht bekommen. Lantz betont mit Blick auf das Geld: Das Kommen nun am nächsten Prozesstag werde sich für ihn lohnen.

© dpa-infocom, dpa:250611-930-653416/4