Zum Hauptinhalt springen

VGH: Keine grundsätzliche «Bannmeile» für Abtreibungsgegner

Abtreibungsgegner dürfen auch in der Nähe von Beratungsstellen demonstrieren - das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nun klargestellt. Aber: Sie dürfen dabei nicht überziehen.

ANTENNE BAYERN ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG ANTENNE BAYERN Logo
Demonstration von Abtreibungsgegnern Christoph Reichwein/dpa

München (dpa/lby) - Für Demonstrationen rund um Abtreibungskliniken und Beratungsstellen gilt nach einem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) nicht grundsätzlich eine «Bannmeile» von 100 Metern. Das Schwangerschaftskonfliktgesetz schreibe keine solche Zone vor, in der abtreibungskritische Meinungsäußerungen generell verboten seien, entschied das Gericht anlässlich eines Falls in Regensburg. 

Dort sei die Beschränkung einer entsprechenden Versammlung in der Nähe einer Arztpraxis nur zulässig, «wenn es im Einzelfall Anhaltspunkte dafür gibt, dass dadurch ein unzulässiger Druck auf Schwangere ausgeübt wird», hieß es in der Mitteilung. Der Beschluss (BayVGH, Az. 10 C 25.1591, 10 CS 25.1672) ist unanfechtbar.

Nach einer 2024 vom Bundestag beschlossenen Änderung des sogenannten Schwangerschaftskonfliktgesetzes ist es nunmehr verboten, Schwangere daran zu hindern, Beratung zu einer Abtreibung in Anspruch zu nehmen. Das betrifft etwa das Behindern beim Betreten oder Verlassen von Einrichtungen. Bekannt ist diese Form der Behinderung als sogenannte Gehsteigbelästigung.

Keine grundsätzliche Bannmeile für Meinungsäußerungen

Die Stadt Regensburg hatte Abtreibungsgegnern, die dort in der Nähe eines Ärztezentrums demonstrieren wollten, zur Auflage gemacht, dass die Kundgebung mindestens 100 Meter entfernt davon stattfinden müsse. Denn andernfalls seien sogenannte Gehsteigbelästigungen zu befürchten. Durch die Kundgebungen werde erheblicher Druck auf Schwangere ausgeübt, die sich im Ärztezentrum zu einer Abtreibung beraten lassen wollten.

Vor dem Verwaltungsgericht Regensburg wehrten sich die Abtreibungsgegner erfolgreich gegen diese Auflage: Die Voraussetzungen, unter denen das Gesetz eine unzulässige Belästigung von Schwangeren annehme, seien nicht zu erwarten. Der VGH bestätigte diese Entscheidung nun. Danach würden die Betroffenen zwar mit der Meinung der Versammlungsteilnehmer konfrontiert. Anders als die Stadt Regensburg meine, gebe es aber um Praxen keine 100 Meter große Bannmeile, in der eine Meinungskundgabe per se untersagt sei.

Voraussetzung für eine Versammlungsbeschränkung wäre demnach ein unzulässiger Druck auf Schwangere. Es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schwangeren durch die Versammlungsteilnehmer derart bedrängt würden, dass der Weg zur Praxis zu einem «Spießrutenlauf» werde. Die Kundgebungen fänden in 30 bis 40 Metern Entfernung zum Eingang und zudem auf der anderen Seite einer breiten Straße statt. Eine Kundgebung im März 2025 etwa sei am Eingang des Ärztezentrums kaum wahrnehmbar gewesen.

© dpa-infocom, dpa:250926-930-88110/1