Zum Hauptinhalt springen

Höhere Gewaltbereitschaft bei Bayerns Jugend und Erwachsenen

Statistiken sind ja immer so eine Sache. Die neue Auflistung der Verurteilungen im Freistaat zeigt aber nicht nur Zahlen - sie belegt auch, wie die Gesellschaft immer weiter verroht.

ANTENNE BAYERN ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG ANTENNE BAYERN Logo
Gefängnis Felix Kästle/dpa

München (dpa/lby) - Trotz insgesamt leicht rückläufiger Zahlen bei Verurteilungen offenbart die neue Strafverfolgungsstatistik für Bayern einige sehr besorgniserregende Entwicklungen. So zeigt sich etwa bei den jugendlichen Straftätern ebenso eine zunehmende Verrohung wie bei erwachsenen Tätern. Auch die Entwicklung bei Hasskriminalität und Sexualdelikten belegt ein zunehmend aggressives Klima in Bayern. 

Bedenklicher Trend in der Jugendkriminalität 

Bayernweit hält der Trend zu immer jüngeren Intensivtätern an. 931 Jugendliche wurden demnach 2024 wegen Gewalt-Straftaten verurteilt - das waren 52,1 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019, wo es 612 Verurteilungen gab. Im Vergleich zum Vorjahr betrug die Zunahme 21,7 Prozent. Wegen gefährlicher Körperverletzung wie Angriffen mit Messern wurden 655 Jugendliche verurteilt, das war fast ein Drittel (29,7 Prozent) mehr als im Vorjahr. 

«Jugendliche Intensivtäter müssen frühzeitig gestoppt werden», sagte Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Daher habe er in diesem Bereich die Staatsanwaltschaften verstärkt und bereits im Herbst 2023 zwei Sonderreferate bei der Staatsanwaltschaft München I eingerichtet.

Insgesamt waren 6.269 Verurteilte zur Tatzeit Heranwachsende, also im Alter zwischen 18 und 21 Jahren, das waren 15,2 Prozent weniger als im Vorjahr. 4.298 waren Jugendliche, was einem Rückgang um 3,4 Prozent entspricht.

Straftäter sind in vier von fünf Fällen männlich 

Auch bei Erwachsenen deutet die Statistik auf eine spürbar wachsende Gewaltbereitschaft hin. Bei der gefährlichen Körperverletzung wurde etwa im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 11,9 Prozent auf 2.931 Verurteilte festgestellt. 

In mehr als 80 Prozent der insgesamt 110.691 rechtskräftigen Urteile standen Männer vor Gericht, Frauen nahmen mit 17,3 Prozent einen deutlich geringeren Anteil ein - wie schon 2023. Insgesamt sank die Zahl der Verurteilten leicht um 2,7 Prozent. 

Mehr als ein Viertel aller Verurteilten hatte Straftaten im Straßenverkehr begangen (25,3 Prozent). Damit sind Verkehrssünder die Spitzenreiter bei den Verurteilten. 

.

Gesellschaftliche Spaltung durch Hass und Hetze 

Auf einem traurigen Höchststand finden sich in der Datensammlung auch Fälle von Hass und Hetze - ein klarer Beleg für die wachsende Spaltung im Land. So wurden wegen Volksverhetzung 402 Personen verurteilt, 34 Prozent mehr als 2023. «Strafbarer Hass und Hetze haben ein erschreckendes Ausmaß erreicht. Es wird aber durch die zahlreichen Meldeverfahren, die wir eingerichtet haben, auch mehr angezeigt», sagte Eisenreich.

Besonders abscheuliche Entwicklung: Mehr Sexualdelikte

Das Sexualstrafrecht wurde in den vergangenen Jahren mehrfach erweitert. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider: Bereits 2023 hatte sich die Zahl der Verurteilungen bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung um 16,8 Prozent erhöht, 2024 gab es eine erneute Steigerung um 9,7 Prozent.

Trotz intensiver Fahndungen ist auch immer mehr Kinderpornografie im Umlauf. Wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte wurden in Bayern 871 Personen verurteilt, 11,1 Prozent mehr als im Vorjahr. 

«Jeder Fall ist einer zu viel. Wer solche abscheulichen Straftaten begeht, kann sich in Bayern niemals sicher fühlen.» Auch die Zahl der Verurteilten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern stieg um 27 Prozent deutlich an - bei schwerem sexuellem Missbrauch sogar um 37 Prozent. 

Keine Entwarnung: Schwerwiegender Betrug bleibt ein Problem

Schwerwiegende Fälle des Betrugs bewegen sich laut Statistik in Bayern auf einem anhaltend hohen Niveau. 882 Täter wurden verurteilt, 4 weniger als im Vorjahr. Unter dem Punkt wird eine breite Masse von Straftaten zusammengefasst - vom Abrechnungsbetrug über «Love Scam» - sozusagen eine moderne Form des Heiratsschwindels - bis hin zu illegalem Cybertrading. 

Überproportional viele Verurteilte ohne deutschen Pass 

Gemessen am Anteil an der Gesamtbevölkerung in Bayern von 15,6 Prozent (Ende 2024) nehmen nicht deutsche Täter unter den Verurteilten einen überdurchschnittlich hohen Anteil ein. Unter den Verurteilten waren 54.532 Ausländer, das entspricht einem Ausländeranteil von 49,3 Prozent. Bei den absoluten Zahlen stiegen die Straftaten von Ausländern im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent an. Bei der Schleuserkriminalität hatten Ausländer einen Anteil von 95,7 Prozent. 

Ohne Berücksichtigung der Straftaten nach dem Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsgesetz, die überwiegend nur von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit begangen werden können, liegt der prozentuale Anteil der nicht deutschen Verurteilten bei 47,4 Prozent (45,1 Prozent in 2023). Im Justizvollzug stieg der Ausländeranteil von 2015 bis 2025 von 35,5 Prozent auf 51,5 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:251203-930-373452/3