Winzer mühen sich in bitterer Kälte für Eiswein-Ernte
Fast minus zehn Grad, trocken und genug Helfer: Wagemutige Winzer in Franken haben gefrorene Trauben für Eiswein gelesen. Bis zum ersten Schluck brauchen Liebhaber aber noch Geduld.
Retzstadt (dpa/lby) - Mit langen Unterhosen wappnen sie sich gegen die klirrende Kälte, Mütze und Handschuhe braucht es ohnehin: Bei fast minus zehn Grad haben Winzer in Franken gefrorene Trauben für den süßen Eiswein gelesen. Dass dies schon am 22. November möglich war, ist ungewöhnlich. «Es ist etwas Besonderes», sagte Winzer Uwe Pfister aus Retzstadt (Landkreis Main-Spessart).
Mit 16 Freunden, Verwandten und Bekannten und ausgerüstet mit Stirnlampen ging es um 6.00 Uhr morgens an die Silvaner-Trauben. Nach gut einer Stunde war alles per Hand gelesen. «Bei Nacht im Weinberg Trauben zu lesen, macht nicht jeder», erzählte Pfister. 2016 sei ihm zuletzt eine erfolgreiche Eiswein-Lese gelungen.
Kleine Flaschen, stattlicher Preis
Heuer rechnet der Winzer mit einem Ertrag von 100 bis 150 Flaschen. Eine 0,375 Liter große Flasche - ein kleiner Bocksbeutel - kann zwischen 20 und 70 Euro kosten, manchmal auch mehr.
Eisweine gelten als Krönung eines Weinjahrgangs. Aufzeichnungen belegen, dass in Franken seit 1794 Eisweine hergestellt werden.
Mittlerweile gehen aber nur noch wenige fränkische Winzer das Wagnis ein und lassen die Trauben bis zum ersten strengen Frost in aufeinanderfolgenden Nächten hängen. «Man kann damit nicht kalkulieren», erklärte Pfister. Es sei eine Frage der Leidenschaft, nicht des Gewinns. «Entweder es klappt oder es geht in die Hose. Die Chance liegt bei 50 zu 50.»
Denn hängen die Trauben bis zum Januar oder länger, sind sie meist nur noch reif für den Kompost.
Verkauf frühestens im kommenden Herbst
Für Eiswein müssen die vollreifen Trauben in gefrorenem Zustand in die Presse. Von der Kelter tropft dann der süße Saft. Beliebt ist die Rarität vor allem als Aperitif oder zu Süßspeisen und Käse.
Bis der erste Schluck des neuen Jahrgangs möglich ist, wird noch viel Zeit vergehen. «Das dauert auf jeden Fall bis zum nächsten Herbst», sagte Pfister. «Und die paar Flaschen sind dann ruckzuck weg.»