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Finanzlücke: So hoch könnten die Krankenkassenbeiträge werden

Der gesetzlichen Krankenversicherung könnte im kommenden Jahr mehr Geld fehlen als bislang angenommen. Für 2023 reichen die Beitragseinnahmen nicht aus. Die Kassen machen Druck - für mehr als immer neues Löcherstopfen. Wie stark könnten die Beiträge erhöht werden? Das lest ihr hier.

Krankenkassenkarten Deutschland Foto: Jens Kalaene/ZB/dpa

Die gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen (GKV) fordern ange­sichts einer erwar­te­ten Milli­ar­den­lü­cke im kommen­den Jahr rasch grund­le­gend mehr finan­zi­elle Stabi­li­tät

Finanzlücke muss geschlossen werden

„Es drängt massiv“, sagte die Vorstands­che­fin des GKV-Spit­zen­ver­bands, Doris Pfeif­fer, am Mitt­woch in Krem­men bei Berlin. Sie äußerte sich enttäuscht, dass Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) bisher nicht mit einem Gesetz­ent­wurf gekom­men sei. Statt Jahr für Jahr immer wieder über „uns­tete Sonder­fi­nan­zie­run­gen“ zu disku­tie­ren, brau­che es grund­sätz­lich eine höhere nach­hal­tige Regel­fi­nan­zie­rung.

17 Milliarden Euro fehlen

Für 2023 fehl­ten Stand heute 17 Milli­ar­den Euro, sagte Pfeif­fer. Dies sei auch auf poli­ti­sche Entschei­dun­gen zurück­zu­füh­ren. So führ­ten Gesetze für mehr Pfle­ge­per­so­nal oder kürzere Warte­zei­ten beim Arzt allein zu daue­r­haf­ten Mehr­kos­ten von fünf Milli­ar­den Euro pro Jahr.

Was kann getan werden?

Für mittel­fris­tig stabile Finan­zen schla­gen die Kassen unter ande­rem vor, die Mehr­wert­steuer auf Arznei­mit­tel zu senken. Es handele sich um lebens­wich­tige Produkte, sagte Pfeif­fer. Eine Senkung von den vollen 19 Prozent auf den ermä­ßig­ten Steu­er­satz von sieben Prozent würde sechs Milli­ar­den Euro Entlas­tung brin­gen. Der Verband forderte zudem, den bei 14,5 Milli­ar­den Euro im Jahr „ein­ge­fro­re­nen“ regu­lä­ren Zuschuss aus dem Bundes­e­tat bei stei­gen­den Ausga­ben regel­mä­ßig zu erhö­hen. Zudem seien die Pauscha­len, die der Staat als Kassen­bei­träge für Hartz-IV-Empfän­ger zahle, deut­lich zu nied­rig.

Was will die Politik?

Lauter­bach hatte bereits signa­li­siert, dass er mehrere Bausteine im Blick hat – das Nutzen von „Effi­zi­enz­re­ser­ven“ im Gesund­heits­sys­tem und Rück­la­gen der Kran­ken­kas­sen, zusätz­li­che Bundes­zu­schüsse sowie auch Beitrags­an­he­bun­gen. In diesem Jahr bekom­men die Kassen schon einen aufge­stock­ten Bundes­zu­schuss von 28,5 Milli­ar­den Euro. Damit soll der durch­schnitt­li­che Zusatz­bei­trag vorerst bei 1,3 Prozent gehal­ten werden. Die konkrete Höhe ihres Zusatz­bei­trags legen die Kassen selbst fest. Der gesamte Beitrag umfasst dane­ben den allge­mei­nen Satz von 14,6 Prozent des Brut­to­lohns.

DGB fordert stabile Finanzierung

Auch der Deut­sche Gewerk­schafts­bund (DGB) forderte eine stabi­lere Finan­zie­rung der gesetz­li­chen Kassen. 

Gute Gesundheitsversorgung darf nicht von jährlichen Last-Minute-Maßnahmen abhängen.

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel

Der Bund sei in der Verant­wor­tung, das selbst verur­sachte Finanz­loch daue­r­haft zu stop­fen. 

Beitragszahlende oder Versicherte dürfen nicht die Zeche zahlen.

Anja Piel

Die gesetz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung müsse auch als Soli­dar­sys­tem ausge­baut werden, in das mehr Menschen einzah­len.

Wie stark könnten Krankenkassenbeiträge erhöht werden?

GKV-Chefin Pfeif­fer erläu­terte, dass die Lücke von 17 Milli­ar­den Euro einer Beitrags­an­he­bung um 1,1 Prozent­punkte entsprä­che. Sie wies auch auf Auswir­kun­gen auf Kassen­mit­glie­der und Arbeit­ge­ber ange­sichts der derzeit hohen Infla­tion hin. Rein rech­ne­risch entspre­chen 0,1 Punkte beim Beitrags­satz demnach Einnah­men von 1,6 Milli­ar­den Euro.

Kein neues Defizit

Nach einem Minus von knapp 5,8 Milli­ar­den Euro im vergan­ge­nen Jahr gebe es im Moment keine Veran­las­sung, für 2022 ein erneu­tes Defi­zit anzu­neh­men, machte Pfeif­fer deut­lich. Zusätz­li­che Ausga­ben für Flücht­linge aus der Ukraine dürf­ten keine drama­ti­sche Größen­ord­nung ausma­chen. Laut Verband sind für dieses Jahr 300 000 neue Versi­cherte und Ausga­ben von 400 Milli­o­nen bis 500 Milli­o­nen Euro zu erwar­ten.

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