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Revanche in Ruanda: Pogacar nach Soloritt wieder Weltmeister

Das erwartete Duell zwischen Pogacar und Evenepoel bei der WM ist früh entschieden. Der Slowene fährt wieder in seiner eigenen Liga. Für die Deutschen enden die Titelkämpfe ohne Medaille.

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Radsport-WM in Ruanda Jerome Delay/AP/dpa

Kigali (dpa) - Als Tadej Pogacar seine beeindruckende Kletter-Show im Land der tausend Hügel mit dem erneuten WM-Titel gekrönt hatte, fiel er seiner Verlobten Urska Zigart entkräftet und überglücklich in die Arme. «Ich bin so glücklich, dass ich es geschafft habe. Die Anstiege wurden in jeder Runde härter und härter. Ich musste sehr kämpfen. Die Energie-Reserven gingen zu Ende», sagte Pogacar nach seinem furiosen 66-Kilometer-Solo bei der ersten Weltmeisterschaft in einem afrikanischen Land: «Es war eine unglaubliche Erfahrung und eine erfolgreiche Woche.»

Mehr als sechs Stunden lang war Pogacar auf den Straßen Ruandas in einem der härtesten WM-Rennen der Geschichte von hunderttausenden Fans am Streckenrand frenetisch gefeiert worden. Wie im Vorjahr holte sich der slowenische Ausnahmefahrer den WM-Titel und nahm erfolgreich Revanche für die denkwürdige Pleite im Zeitfahren gegen den Belgier Remco Evenepoel.

Dieses Mal lief es anders. Pogacar trotzte am Sonntag den harten Bedingungen des Straßenrennens und triumphierte nach einer äußerst erfolgreichen Saison samt Tour-de-France-Sieg in der Hauptstadt Kigali. Der beste Fahrer seiner Generation meisterte die anspruchsvollen 267,5 Kilo- und 5475 Höhenmeter mit über einer Minute Vorsprung vor Evenepoel und dem Iren Ben Healy. Im vergangenen Jahr hatte Pogacar in der Schweiz seinen ersten WM-Titel gefeiert, nachdem er rund 100 Kilometer an der Spitze gefahren war.

Pogacar distanziert Konkurrent Evenepoel früh

Am steilen Mont Kigali legte der Slowene den Grundstein für seinen zweiten WM-Sieg. Schon 100 Kilometer vor dem Ziel wurde klar, dass es nicht zum erwarteten Duell zwischen dem viermaligen Tour-de-France-Champion und dem dreimaligen Zeitfahrweltmeister Evenepoel kommen würde. Wie schon oft zuvor zeigte der künftig für das deutsche Red-Bull-Team fahrende Belgier Probleme bei langen Anstiegen. 

Dafür entwickelte sich nach der bergigen Kopfsteinpflaster-Herausforderung an der Mur de Kigali zunächst ein Team-internes Duell zwischen Pogacar und dem mexikanischen Jungstar Isaac del Toro. Beide fahren für den UAE-Rennstall. Del Toro sorgte beim diesjährigen Giro d'Italia für Aufsehen mit seinem zweiten Gesamtrang. 

Evenepoel verlor währenddessen weitere wertvolle Sekunden, als sein Fahrrad einen Defekt hatte und er genervt auf seinen Ersatz wartete. Knapp 66 Kilometer vor dem Ziel fuhr Pogacar dem entkräfteten del Toro davon und begann seinen nächsten Soloritt. 

«Ich hatte auf eine kleine Gruppe gehofft. Ich war sehr früh alleine wie letztes Jahr und musste mit mir selbst kämpfen», sagte Pogacar. Evenepoel kam überraschend wieder zurück in Pogacars Verfolgergruppe. Allerdings blieb der Abstand zwischen dem Slowenen und der kleinen Gruppe konstant bei etwa einer Minute. 

Pogacar dürfte die Revanche für seine deutliche Pleite im Zeitfahren vor einer Woche in Ruanda genossen haben. Der Belgier war dabei 2:37 Minuten schneller. Obwohl er zweieinhalb Minuten später gestartet war, hatte er den Slowenen noch überholt.

Magenprobleme bremsen Deutsche

Die Strecke des Straßenrennens bei der ersten WM in einem afrikanischen Land hatte es in sich: Auch anspruchsvolle klimatische Bedingungen bei etwa 28 Grad in der rund 1.500 Meter hoch gelegenen Hauptstadt Kigali forderten ihren Tribut. Hunderttausende Fans aus dem Radsport-begeisterten Land erlebten das Spektakel am Straßenrand.

Die Deutschen erlebten derweil einen Tag zum Vergessen, niemand kam im Ziel an. Drei der vier deutschen Profis stiegen früh vom Rad. Dafür sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vor allem Magenprobleme verantwortlich gewesen. Der deutsche Straßenmeister Georg Zimmermann, Jonas Rutsch und Felix Engelhardt waren alle schon vor der Hälfte nicht mehr Teil des Rennens. Marius Mayrhofer fuhr zu Beginn lange in der Spitzengruppe mit, wurde aber knapp 115 Kilometer vor dem Ziel eingeholt. Auch er erlebte die finale Zieleinfahrt nicht. 

Schon während der Woche hatten deutsche Radsportler über Magenprobleme geklagt. Liane Lippert etwa musste das Mixed-Rennen am Mittwoch auslassen und berichtete am Samstag, dass sie sich während des Straßenrennens übergeben musste. Im Männer-Rennen erreichten bei den schweren Bedingungen nur 30 Fahrer das Ziel. 

Medaillenlose WM aus deutscher Sicht

Die Deutschen hatten beim Straßenrennen ohnehin kaum Chancen auf eine Spitzenplatzierung. Ohne die aus verschiedenen Gründen daheim gebliebenen Topstars Florian Lipowitz, der bei der Tour de France sensationell Dritter wurde, und etwa Pogacars Edelhelfer Nils Politt startete das schwarz-rot-goldene Aufgebot. Die beste Platzierung feierte zuletzt der in Ruanda wegen einer Krankheit nicht angetretene Maximilian Schachmann, als er bei der Corona-Ausgabe 2020 Neunter beim Straßenrennen wurde, davor hatte André Greipel zuletzt 2011 eine Medaille auf der Straße geholt.

Die Deutschen beendeten die historische WM in einem afrikanischen Land ohne Medaille. Seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 gab es mit Ausnahme der nur im Profibereich ausgetragenen Corona-Ausgabe 2020 bei den Straßen-Weltmeisterschaften immer mindestens eine deutsche Medaille.

© dpa-infocom, dpa:250928-930-95682/4