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Chile: Kommunistin und Rechter ziehen in Stichwahl ein

Zwar gewinnt die Kandidatin der Linksregierung die erste Runde der Präsidentenwahl knapp, dennoch steht das südamerikanische Land vor einem Rechtsruck.

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Parlamentswahl in Chile Esteban Felix/AP/dpa

Santiago de Chile (dpa) - Der künftige Staatschef von Chile wird in einer Stichwahl zwischen einer Kommunistin und einem stramm Rechten entschieden. Regierungskandidatin Jeannette Jara kam in der ersten Wahlrunde auf 26,85 Prozent der Stimmen, der deutschstämmige Rechtspolitiker José Antonio Kast auf 23,92 Prozent. Die beiden treffen in der Stichwahl am 14. Dezember aufeinander. 

Sicherheit und Migration im Mittelpunkt des Wahlkampfes

Während der amtierende linke Präsident Gabriel Boric vor vier Jahren noch gewählt wurde, um die starken sozialen Unterschiede zu beheben sowie das Bildungs- und Gesundheitswesen zu verbessern, hat sich der Fokus mittlerweile verschoben. Im Mittelpunkt des Wahlkampfes standen die Themen Sicherheit und Migration. 

Obwohl Chile noch immer eines der sichersten Länder der Region ist, hat die Kriminalität in einigen Bereichen zuletzt zugenommen. In dem südamerikanischen Land mit gut 18 Millionen Einwohnern leben Schätzungen zufolge mehr als 330.000 Ausländer ohne gültige Papiere - die große Mehrheit stammt aus dem Krisenstaat Venezuela. 

Jara will Wähler unterlegener Kandidaten ansprechen

Regierungskandidatin Jara kündigte nach der Wahl vom Sonntag an, sich einige politische Projekte der unterlegenden Kandidaten zu eigen zu machen und um derer Wähler zu werben. «Fast die Hälfte der Chilenen hat weder für mich noch für Kast gestimmt. Ab morgen werden wir auf sie zugehen, mit ihnen sprechen und ihnen aufmerksam zuhören», sagte die ehemalige Arbeitsministerin vor ihren Anhängern. «Wer Chile vertreten will, muss allen Chilenen und Chileninnen zuhören.» 

Ultrakonservativer Kast geht als Favorit in die Stichwahl

Trotz des Siegs der Kommunistin Jara zieht der ultrakonservative Kast von der Republikanischen Partei als Favorit in die Stichwahl ein. Anders als seine Rivalin hat er die Chance, noch die Stimmen seiner unterlegenen Kontrahenten aus dem rechten Lager zu mobilisieren. «Chile ist wichtiger als die Parteien», sagte der neunfache Vater und strenggläubige Katholik. 

Kast warb bereits am Wahlabend um die Unterstützung seiner rechten Kontrahenten Kaiser und Matthei «Auch wenn wir im Wahlkampf unsere legitimen Differenzen hatten, so ist es doch mehr, was uns eint», sagte er. «Wir haben die gleiche Sichtweise auf die Probleme Chiles.» 

Sein rechter Konkurrent Johannes Kaiser räumte seine Niederlage ein und rief seine Anhänger zur Unterstützung von Kast auf. Auch die konservative Kandidatin Matthei gratulierte den Siegern der ersten Wahlrunde. «Unser Vaterland verlangt demokratische Verantwortung, echte Lösungen für unsere großen Probleme und Dialogfähigkeit», sagte sie. 

Der amtierende Präsident Boric, der aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erneut kandidieren konnte, gratulierte den Wahlsiegern der ersten Runde. «In einer Demokratie sollten die Kandidaten, die die Bürger in den Gemeinden und Regionen vertreten wollen, öffentliche Amtsträger mit Ehrlichkeit, Integrität und Dienstbereitschaft sein», gab er seinen potenziellen Nachfolgern mit auf den Weg. 

Für eine Überraschung bei der Wahl sorgte der Wirtschaftswissenschaftler Franco Parisi, der es entgegen der jüngsten Umfragen auf den dritten Platz schaffte. Ihm folgten der ultrarechte Kaiser und die Konservative Evelyn Matthei.

© dpa-infocom, dpa:251117-930-301348/2