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Trump rechnet nächste Woche mit Waffenruhe in Gaza

Zwischen Israel und dem Iran herrscht Waffenruhe. Trump ist optimistisch, dass bald auch Gaza folgt. Doch noch geht das Sterben dort weiter. Ein erschütternder Bericht schlägt in Israel hohe Wellen.

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Nahostkonflikt - Gaza Jehad Alshrafi/AP/dpa

Washington/Gaza/Tel Aviv (dpa) - Wenige Tage nach dem Inkrafttreten einer Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran rechnet US-Präsident Donald Trump kommende Woche auch mit einer Feuerpause im Gaza-Krieg. Man sei nahe dran, er habe erst kürzlich mit einigen Beteiligten gesprochen, sagte Trump im Weißen Haus - wohl mit Blick auf laufende Vermittlungsbemühungen. «Wir denken, dass wir innerhalb der nächsten Woche eine Waffenruhe bekommen.» UN-Generalsekretär António Guterres sagte, die Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran gebe Anlass zur Hoffnung, dass es auch in Gaza dazu komme. 

Es blieb zunächst unklar, worauf Trump seine optimistische Aussage stützte. Die zwischen Israel und der islamistischen Hamas ebenfalls vermittelnden Länder Katar und Ägypten bemühen sich seit langem um eine neue Waffenruhe in dem abgeriegelten Küstengebiet. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung sollen auch die im Gazastreifen weiter von der Hamas und anderen islamistischen Terrorgruppen festgehaltenen Geiseln freikommen sowie viele palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden. 

Bericht: Ermittlungen wegen Toten bei Gaza-Hilfezentren 

Israels Militärstaatsanwaltschaft ermittelt unterdessen einem Zeitungsbericht zufolge wegen möglicher Kriegsverbrechen in Zusammenhang mit Schüssen auf Palästinenser in der Nähe von Hilfszentren im Gazastreifen. Wie die israelische Tageszeitung «Haaretz» berichtete, soll die Untersuchungseinheit beim Generalstab der Streitkräfte prüfen, ob israelische Soldaten, die die Verteilzentren der umstrittenen Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) sichern sollten, gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen haben. 

Nach UN-Angaben sollen im Umfeld der Essensverteilung der GHF seit Ende Mai mindestens 410 Palästinenser getötet worden sein. In fast allen Fällen sollen israelische Soldaten ohne Anlass auf unbewaffnete Mengen geschossen haben, die sich vor der Öffnung der Zentren angestellt hatten. «Die Suche nach Nahrung darf niemals ein Todesurteil sein», sagte Guterres. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen kritisierte auf X, das von Israel und den USA unterstützte GHF-Programm sei «eine Metzelei, die als humanitäre Hilfe getarnt ist». 

«Böswillige Lüge»

«Haaretz» zufolge bestätigen beteiligte Soldaten und Offiziere die Tötung von Palästinensern nahe der Verteilzentren. Demnach würden die Soldaten auf die Menschen feuern, um sie von den Zentren fernzuhalten, bevor sie öffnen. «Es ist eine Todeszone», zitierte das Blatt einen Armeeangehörigen, der vor Ort war. Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Israel Katz bezeichneten den Bericht in einer gemeinsamen Erklärung als «böswillige Lüge». Er diene nur dazu, «die moralischste Armee der Welt zu diffamieren».

Frühere Vorwürfe, das Militär schieße willkürlich auf Palästinenser im Umfeld der GHF-Zentren, hatte die Armee mit dem Argument zurückgewiesen, dass in allen diesen Fällen für die betroffenen Soldaten eine Bedrohung geherrscht habe. Israel hatte die GHF-Stiftung nach einer wochenlangen Totalblockade des Gazastreifens ins Spiel gebracht, um die Verteilung von Hilfsgütern durch die UN und andere Organisationen zu umgehen. Nach israelischer Lesart wird der Großteil der Hilfen, die durch diese Organisationen in den Gazastreifen kommen, von der Terrororganisation Hamas gestohlen. Beweise gibt es nicht.

Jede Operation, die «verzweifelte Zivilisten in militarisierte Zonen leitet», sei unsicher, kritisierte Guterres den GHF-Mechanismus. Israels Behörden müssten zu einem prinzipiellen humanitären System zurückkehren, das von den Vereinten Nationen koordiniert werde, verlangte Ärzte ohne Grenzen auf X. Unterdessen wurden einem palästinensischen Medienbericht zufolge mindestens elf weitere Zivilisten bei einem israelischen Luftangriff getötet. 

Bericht über weitere Tote

Es sei eine Zeltstadt für Kriegsvertriebene im Zentrum der Stadt Gaza im Norden des Küstengebiets getroffen worden, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa unter Berufung auf eigene Korrespondenten in Gaza. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Der Bericht ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Militär äußerte sich zunächst nicht dazu. 

Israels selbsterklärtes Ziel in dem Krieg ist es, die Hamas zu zerschlagen und die restlichen Geiseln freizubekommen. Nach offiziellen israelischen Angaben werden noch 22 lebende Geiseln in Gaza festgehalten. Bei 28 weiteren geht es demnach nur noch um die Übergabe ihrer sterblichen Überreste. «Es besteht die Möglichkeit, dass der Angriff auf den Iran unsere Ziele in Gaza voranbringen wird», sagte Israels Generalstabschef Ejal Zamir bei einem Truppenbesuch.

Zuvor hatte Regierungschef Benjamin Netanjahu gesagt: «Der Iran hat einen schweren Schlag erlitten», was sich auf Teherans Verbündete wie die islamistische Hamas in Gaza auswirken werde. Er wolle «den Kampf gegen die iranische Achse zu Ende führen», die Hamas besiegen und die Freilassung aller Geiseln erreichen, hatte. Man werde den Fuß nicht vom Gaspedal nehmen.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als 20 Monaten wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 56.300 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die unabhängig kaum überprüfbaren Angaben machen keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Kämpfern. Auslöser des Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden.

Trump würde Iran bei Bedarf erneut bombardieren

Während im Iran seit Beginn der Waffenruhe immer mehr Menschen in die Hauptstadt Teheran zurückkehren, richtet Israels Militärführung den Fokus jetzt wieder auf Gaza, wie Generalstabschef Zamir erklärte. US-Präsident Trump sagte auf die Frage, ob er Irans Atomanlagen erneut bombardieren lassen würde, falls es wieder Sorgen über Teherans Urananreicherung gebe: «Sicher, ohne Frage, absolut.» Der Iran dürfe keine Atomwaffen haben. Die jüngsten Angriffe hätten das Atomprogramm um Jahre zurückgeworfen, bekräftigte er. Trump hatte jüngst angedeutet, dass es bald neue Gespräche mit Teheran über das Atomprogramm geben soll. Details nannte er nicht. 

Der Iran bestreitet, Atomwaffen anzustreben. Das Atomprogramm diene nur zivilen Zwecken. Die USA, Israel und andere Länder verdächtigen den Iran jedoch, Atombomben zu entwickeln.

© dpa-infocom, dpa:250628-930-728692/2