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Stalin in der Metro - Zoff um Denkmal für Diktator in Moskau

Die weltberühmte Moskauer Metro feiert 90. Geburtstag. Eröffnet wurde sie unter Sowjetdiktator Stalin, dem nun zum Ärger vieler Hauptstädter wieder ein Denkmal gesetzt wurde.

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Umstrittenes Stalin-Relief in Moskauer Metro nachgebildet Ulf Mauder/dpa

Moskau (dpa) - Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Abriss eines umstrittenen Reliefs mit dem sowjetischen Diktator Josef Stalin (1879-1953) hat die Moskauer Metro zu ihrem 90. Geburtstag eine Nachbildung des Werks erhalten. Tausende Passanten, viele sichtlich überrascht, fotografierten das Denkmal mit dem Titel «Dankbarkeit des Volkes gegenüber dem Führer und Kriegsherrn» an der Station Taganskaja auf der braunen Ringlinie mit der Nummer 5. Das Original war Mitte der 1960er Jahre im Zuge der Abkehr vom Stalinismus abgerissen worden. 

Nun hat die Stadt das Werk des sozialistischen Realismus zum Geburtstag der Metro, die am 15. Mai 1935 offiziell in Betrieb genommen wurde, nachbilden lassen und eingeweiht. Kritiker werfen den neuen Machthabern in Russland Geschichtsvergessenheit vor. Menschenrechtler und Historiker geben Stalin die Schuld am Tod von Millionen Menschen.

Der Metro-Historiker Alexander Sinowjew bedauerte, dass das Relief nicht in allen Details, in ursprünglichem Material und Originalfarben wiederhergestellt worden sei. «Im Großen und Ganzen handelte es sich um eine ideologische Geste, bei der es nicht um die Wiederherstellung des historischen architektonischen Erscheinungsbildes ging», sagte er. 

Kritiker beklagen Verhöhnung der Stalin-Opfer

Die liberale Oppositionspartei Jabloko warf der Stadt vor, den Willen ihrer Bürger demonstrativ zu missachten. «Wir bestehen darauf, dass die Erinnerung an die Opfer dieser Repressionen bewahrt wird und dass eine Verherrlichung des Tyrannen unzulässig ist», sagte Maxim Kruglow von der Partei. «Die Rückkehr der Symbole des Stalinismus nach Moskau ist eine Verspottung der Geschichte, eine Verhöhnung der Nachkommen der Unterdrückten und eine Schande für Moskau.»

Der russische Machtapparat sieht sich immer wieder auch bei Historikern in der Kritik, Stalin von seinen Verbrechen, darunter Massenmorde und politische Repressionen, reinzuwaschen. Unlängst hatte Kremlchef Wladimir Putin auch die Umbenennung des Flughafens in der Stadt Wolgograd in Stalingrad genehmigt. Damit soll an die Schlacht von Stalingrad, wie die Stadt an der Wolga zwischen 1925 und 1961 hieß, im Zweiten Weltkrieg erinnert werden. 

In den vergangenen Jahren waren Stalin-Denkmäler immer wieder Gegenstand hitziger Debatten in Russland. Die Kommunistische Partei in Moskau hingegen zeigte sich überglücklich über das Stalin-Relief in der Metro und sprach von einer «historischen Gerechtigkeit». Die Kommunisten feiern Stalin unter anderem als glorreichen Oberbefehlshaber beim Sieg der Roten Armee 1945 gegen Nazi-Deutschland.

© dpa-infocom, dpa:250515-930-548466/1