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Trump drängt Erdogan zu Verzicht auf russische Energie

«Hervorragend» und «ausgezeichnet» - bei seinem ersten Besuch im Weißen Haus seit knapp sechs Jahren erntet Erdogan massig Lob. Doch beim Thema Russland fordert Trump eine Kehrtwende von Ankara.

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US-Präsident Trump empfängt türkischen Präsidenten Erdogan Evan Vucci/AP/dpa

Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem vollständigen Verzicht auf Energie aus Russland aufgefordert. «Ich möchte, dass er kein Öl mehr aus Russland kauft», solange Russland seinen Krieg gegen die Ukraine fortführe, sagte der Republikaner bei einem Treffen mit Erdogan im Oval Office des Weißen Hauses vor Journalisten. Erdogan solle auch auf Gas aus Russland verzichten, so Trump.

In der Vergangenheit waren die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei teils angespannt - wegen der Situation im ehemaligen Bürgerkriegsland Syrien oder der Menschenrechtslage in der Türkei. Trotz großer Differenzen etwa beim Thema Gaza überhäufte Trump den türkischen Präsidenten mit Lob. Kritik beschränkte er auf die wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland. Die anschließenden Gespräche endeten nach etwa zwei Stunden.

Türkei setzt weiter auf russisches Gas und Öl

Die Türkei pflegt enge Beziehungen zu Russland und zur Ukraine, aber lehnt westliche Sanktionen gegen Moskau ab. 2024 kamen nach Angaben der türkischen Energiemarkt-Regulierungsbehörde 66 Prozent aller türkischen Ölimporte aus Russland, bei Gas waren es 41 Prozent. Das Land hat bisher keine Abkehr davon erkennen lassen. Trump ist das ein Dorn im Auge. 

Die Energiegeschäfte sind für Russland eine wichtige Einnahmequelle für die Finanzierung des Krieges. Russland führt seit mehr als dreieinhalb Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Trump hatte jüngst bereits die EU aufgefordert, den Energiehandel mit Russland einzustellen.

Erdogan ist zum ersten Mal seit 2019 im Weißen Haus. Für den umstrittenen türkischen Präsidenten ist der Empfang handfestes politisches Kapital. Er darf auch auf eine Aufhebung von US-Sanktionen gegen die türkische Verteidigungsindustrie hoffen. Die von Trump 2020 verhängten Strafmaßnahmen waren eine Reaktion auf die türkische Anschaffung des russischen Luftabwehrsystems S-400 - aus Sicht Washingtons ein unvereinbares Sicherheitsrisiko für die Nato. 

Ankara wurde in der Folge aus einem Projekt zur Entwicklung des Kampfjets F-35 ausgeschlossen und mit Sanktionen belegt. Die Strafmaßnahmen könnten «fast sofort» aufgehoben werden, sollte es ein gutes Treffen geben. Zugleich ist ein milliardenschweres Geschäft über neue F-16-Maschinen bereits auf dem Weg.

Trump attestiert Erdogan «hervorragende Arbeit»

Trump äußerte sich während des Treffens mehrmals bewundernd über Erdogan. Trotz des Vorgehens gegen die türkische Opposition sagte Trump: «Er leistet in seinem Land hervorragende Arbeit». Man habe ein ausgezeichnetes Verhältnis zueinander. 

In der Türkei werden seit Monaten immer wieder Oppositionspolitiker festgenommen. Ekrem Imamoglu, ein aussichtsreicher Herausforderer von Erdogan bei einer zukünftigen Präsidentschaftswahl, sitzt seit einem halben Jahr ohne Anklage in Untersuchungshaft. Er war am 19. März wegen Terror- und Korruptionsvorwürfen festgenommen und später als Bürgermeister von Istanbul abgesetzt worden. Seine Festnahme löste Massenproteste in der Türkei aus. 

Eine Bemerkung Trumps zu Beginn des Gesprächs ließ allerdings aufhorchen: Sein langjähriger Freund Erdogan wisse mehr über «gefälschte Wahlen» als jeder andere. Ob er Erdogan damit etwa als Opfer oder vielleicht als Strippenzieher adressierte, blieb offen. Der US-Botschafter in der Türkei, Tom Barrack, hatte das Land kurz zuvor als «in gewisser Weise autoritär» bezeichnet.

Gaza-Krieg ausgespart?

Nicht öffentlich thematisiert wurde ein zentraler Konfliktpunkt der beiden: Während Trump eng an der Seite Israels steht, geht Erdogan den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu scharf an. Vor der UN-Vollversammlung in New York warf Erdogan der israelischen Regierung erneut Genozid und die gezielte Vertreibung der Palästinenser vor.

Erdogan sieht sich als Fürsprecher der Palästinenser in der muslimischen Welt. Er unterhält auch gute Beziehungen zur islamistischen Hamas, gegen die Israel im Gazastreifen Krieg führt. Mitglieder der Terrorgruppe sollen sich auch in der Türkei aufhalten.

Auf der Agenda stand auch ein möglicher Großauftrag von Turkish Airlines beim US-Flugzeugbauer Boeing. Die Opposition warf Erdogan vor, sich das Treffen mit Trump mit einem 300-Maschinen-Deal erkauft zu haben – was er zurückwies.

© dpa-infocom, dpa:250925-930-81377/3