Vater der Block-Kinder: Leben wie im Zeugenschutzprogramm
Welche psychischen Folgen hatte die Entführung für die Block-Kinder? Der Vater schildert dazu seine Sicht. Heftige Vorwürfe aus dem langen Sorgerechtsstreit kommen dabei hoch - es wird emotional.


Hamburg (dpa) - Alpträume, Angst das Haus zu verlassen und Panikattacken - das sind nach Angaben des Vaters der Block-Kinder die Folgen der Entführung an Silvester 2023/24. «Sie sind auf der Hut, dass ihre Mutter ihnen jemand hinterherschickt, der ihnen etwas antut», sagt Stephan Hensel, Ex-Mann von Christina Block, bei einer Befragung im Prozess vor dem Landgericht Hamburg.
Nach einem jahrelangen Sorgerechtsstreit waren der damals zehnjährige Sohn und die 13-jährige Tochter mutmaßlich von Mitarbeitern einer israelischen Sicherheitsfirma entführt und zur Mutter nach Deutschland gebracht worden. Nach wenigen Tagen mussten sie aufgrund einer Gerichtsentscheidung wieder zu ihrem Vater nach Dänemark zurückkehren.
Block ist angeklagt, die Rückholaktion in Auftrag gegeben zu haben, was sie bestreitet. Es gibt sechs Mitangeklagte, darunter ihren Lebensgefährten Gerhard Delling (66). Der frühere Sportmoderator hat erklärt, dass er nichts Unrechtes getan hat. Ein angeklagter Israeli (36) hat dagegen seine Mitwirkung an der Rückholaktion ausführlich gestanden.
Leben wie im Zeugenschutzprogramm
Nach der Rückgabe der Kinder habe seine Familie zunächst in einem sogenannten Safe House gelebt, berichtet Hensel weiter. Doch trotz aller Sicherheitsvorkehrungen hätten die Kinder Angstzustände und Alpträume gehabt. Die dänischen Behörden hätten Sicherheitsvorkehrungen wie bei einem Zeugenschutzprogramm getroffen, sagt der Nebenkläger.
Er und seine dänische Ehefrau seien mit insgesamt fünf Kindern fünfmal umgezogen, zweimal hätten sie die Schule gewechselt. Dorthin gingen sie unter anderen Namen. Die Handys seien ausgetauscht worden, Aktivitäten auf Social-Media-Profilen seien stark eingeschränkt worden. Auch Arztbesuche am Wohnort seien nicht möglich, aus Angst dabei ausspioniert zu werden.
«Die Kinder haben Probleme mit dem Rausgehen», sagt der 51-Jährige. Das sei vor allem in der dunklen Jahreszeit so. Für die ganze Familie sei noch keine Normalität eingetreten.
Vater bekräftigt Gewaltvorwürfe
Der Vater erhebt erneut Gewaltvorwürfe gegen seine Ex-Frau. Im August 2021 hätten seine beiden jüngsten Kinder bei einem Wochenendbesuch bei ihm in Dänemark Gewalt geschildert, sagt Hensel.
Beispielsweise habe die Mutter den Jungen an den Haaren die Treppe hochgezogen, auf den Hinterkopf geschlagen oder eingesperrt. Block hatte die Gewaltvorwürfe in dem Verfahren bereits mehrfach als falsch zurückgewiesen und dem Vater wiederum vorgeworfen, die Kinder manipuliert zu haben.
«Es gab Gewalt im Hause und deshalb wollen sie nicht zurück zur Mutter», schildert der Vater die Gespräche mit seinem Sohn und seiner Tochter 2021. Die Kinder waren danach - laut Hamburger Staatsanwaltschaft widerrechtlich - nicht nach Hamburg zur Mutter zurückgebracht worden. Es folgte ein jahrelanger Sorgerechtsstreit.
Kinder angeblich vernachlässigt
Blocks Verteidiger Ingo Bott fragte den Vater, ob er nach den Klagen der Kinder über Gewalt mit ihnen zu einem Arzt oder Psychologen gegangen sei. Das verneinte Hensel. Bott wollte zudem wissen, ob der Vater bei den Kindern Spuren von Misshandlungen gesehen habe, als er sie beim Duschen mal nackt sah. Ab und an habe er blaue Flecken bemerkt, wie sie Kinder beim Spielen erleiden, berichtet Hensel. Der Sohn habe über eine Beule am Hinterkopf geklagt. Woher diese gekommen sei, wisse er genau wie bei den blauen Flecken aber nicht, sagt der Vater.
Der Zuschauerraum ist zu diesem Zeitpunkt bis auf den letzten Platz besetzt - darunter viele Unterstützer der unterschiedlichen Lager. Während Hensels Aussage erklingt höhnisches Gelächter. Die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt ermahnt die Zuhörer, ruhig zu sein: Das sei «kein Unterhaltungstheater», sondern ein Gerichtsverfahren, sagt sie energisch. «Hier geht es um viel.»
Hensel wirft der Mutter auch vor, die Kinder vernachlässigt zu haben. Die 52-Jährige habe sich nicht um deren Hygiene gekümmert. «Man hat es kaum im Auto ausgehalten, weil die Kinder so gestunken haben», meint der Vater. Sie hätten in seinem Haus immer erst einmal geduscht und saubere Kleidung angezogen. Er habe das Jugendamt in Hamburg informiert, es sei aber nichts passiert. Block hatte alle diese Vorwürfe bei ihrer Aussage bestritten.
Kritik an Vorsitzender Richterin
Erstmals ist an diesem Verhandlungstag eine psychologische Sachverständige im Gerichtssaal anwesend. Sie stellt dem Vater Fragen zum Zustand der Kinder vor und nach der Entführung. Die Verteidiger kritisieren, dass die Psychologin nur wenige Verhandlungstage verfolgen soll und die Aussage der Mutter verpasst habe. Sie soll ein Gutachten zu den psychischen Folgen der Entführung für die Kinder erstellen.
Der Verteidiger eines mitangeklagten Rechtsanwalts, Marko Voß, hat zur Rolle der Sachverständigen gleich am Morgen einen Antrag stellen wollen, was die Richterin aber nicht zulässt. Die Strafkammer bestätigt daraufhin die Auffassung ihrer Vorsitzenden, wonach der Verteidiger seinen Antrag am Ende des Verhandlungstages stellen könne, obwohl er bemängelt, dass es dann zu spät sei. Auch bei den Fragen von Blocks Verteidiger Bott greift Hildebrandt mehrfach ein. Zweimal kommt es in der Folge zu Unterbrechungen des Prozesses.
Die Verteidiger üben scharfe Kritik an der Vorsitzenden Richterin. Schließlich setzt sich der Anwalt von Blocks Ex-Mann, Philip von der Meden, für seine Kollegen ein. Er habe einen «Vorschlag, wie man das Ganze geschmeidiger gestalten kann», sagt er zum Ende des Verhandlungstages zur Richterin. Sie habe ja zu Recht das Heft in der Hand. Um schneller zu den Sachthemen zu kommen, könne sie bei der Verhandlungsführung doch etwas großzügiger sein. Sie entgegnet darauf nichts und fragt nach weiteren Wortmeldungen der Prozessbeteiligten. Das Verfahren wird am Dienstag fortgesetzt.