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Wüst pocht bei Investitionsprogramm auf Kompensation

Ein «Wachstumsbooster» soll der schwächelnden Wirtschaft Schwung geben. Doch den Ländern drohen damit hohe Steuerausfälle. NRW-Regierungschef Wüst will das nicht hinnehmen.

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NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bei Pressegespräch Thomas Banneyer/dpa

Düsseldorf (dpa) - Im Ringen zwischen Bund und Ländern um das milliardenschwere Investitionsprogramm für die Wirtschaft verstärkt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) den Druck auf die Bundesregierung. Wüst pocht angesichts der Einnahmeausfälle für Länder und Kommunen durch die geplanten Steuerentlastungen des Bundes auf Kompensationen. 

Das Konnexitätsprinzip -«wer bestellt, bezahlt» - sei im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgeschrieben, sagte Wüst in Düsseldorf. Es müsse nun auch erstmals angewandt werden. «Wir schwimmen hier nicht wie das Fett auf der Suppe», sagte der CDU-Politiker.

«Natürlich gehen wir mit dem Anspruch einer vollständigen Kompensation auf den Bund zu», sagte Wüst mit Blick auf das Spitzentreffen der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch. Möglich sei am Ende aber auch eine Kompensation zu 90 Prozent, wenn es eine verlässliche und dauerhafte Regelung gäbe. 

Weiterkommen oder Vermittlungsausschuss

Dennoch zeigte Wüst sich optimistisch, dass man bei dem Treffen mit Merz einen Schritt weiter kommen werde. «Ich bin guten Mutes.» Wenn eine Einigung bis zur Bundesratssitzung am 11. Juli erzielt werden solle, müsse das Gesetzesprojekt aber jetzt vorankommen. «Sonst landet es am Ende im Vermittlungsausschuss.»

Zugleich lobte Wüst das von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) geplante Investitionsprogramm. «Deutschland braucht Wachstum», sagte der CDU-Politiker. «Wir sind im dritten Rezessionsjahr.» Drei Rezessionsjahre in Folge habe es bisher in Deutschland noch nicht gegeben - weder während der Ölkrisen noch in der Corona-Pandemie. Neue Wachstumsimpulse seien auch nötig, um Arbeitsplätze zu sichern. 

Die Bundesregierung plant unter anderem bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen bei Anschaffungen. Im Anschluss soll die Körperschaftssteuer schrittweise gesenkt werden auf 10 Prozent im Jahr 2032. Die in Kauf genommenen Einnahmeausfälle müssten überproportional stark die Kommunen tragen. 

Milliarden-Ausfälle für Länder und Kommunen

Insgesamt nehmen Bund, Länder und Kommunen durch das geplante Gesetz nach Berechnungen aus dem Länderkreis fast 50 Milliarden Euro weniger Steuern ein. Die Länder und Kommunen müssten nach Angaben Wüsts von dieser Summe bis 2029 rund 30 Milliarden Euro tragen. Allein der NRW-Landeshaushalt würde bis 2029 ohne eine Kompensation mit 3,7 Milliarden Euro belastet. Auf die Kommunen kämen zudem rund drei Milliarden Euro an Ausfällen hinzu. Die Haushalte von Ländern und Kommunen dürften im dritten Rezessionsjahr durch das Investitionspaket «nicht völlig aus der Balance gebracht werden», sagte der Regierungschef.

Wüst fordert Eile bei Altschulden-Lösung

Wüst forderte zugleich eine rasche Umsetzung des beschlossenen Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro. Bislang ist vorgesehen, dass die Länder ein Fünftel, also 100 Milliarden Euro, daraus erhalten. Parallel dazu müsse die Bundesregierung noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zum Abbau der kommunalen Schulden vorlegen. Denn wenn die Altschulden-Problematik nicht gelöst werde, könnten viele Kommunen auch nicht investieren. 

Gerade vor den NRW-Kommunalwahlen am 14. September müsse es verbindliche Regelungen geben, sagte Wüst. Das Land NRW habe trotz schwieriger finanzieller Lage bereits viele Milliarden Euro für den Schuldenabbau zur Verfügung gestellt. Jetzt sei der Bund am Zug.

«Es wird alles nur funktionieren, wenn man vorher aus dieser erdrückenden Schuldenlast rauskommt», so Wüst. Zugleich warnte er die Bundesregierung: «Weder das Sondervermögen für Investitionen noch die Verschuldungsspielräume für die Länder waren jemals als Gegengeschäft für die Zustimmung zum Sofortprogramm verabredet.»

Kommunen warnen Bundesregierung vor Wortbruch

Auch die kommunalen Spitzenverbände NRW forderten einen Ausgleich vom Bund für die Steuerausfälle. «Wer Steuersenkungen beschließt, muss die Steuerausfälle auch selbst tragen», erklärten die Verbände. «Der geplante Investitionsbooster der Bundesregierung wird zum ersten Lackmustest dafür, wie ernst es ihr mit dem Koalitionsvertrag ist.» 

Eine indirekte Finanzierung der Steuerreform aus den kommunalen Mitteln des Sondervermögens für Infrastruktur und Klimaneutralität wäre ein Wortbruch, warnten die Kommunen. Angesichts der bereits bestehenden Finanznot sei eine echte Kompensation für die Kommunen dringend geboten.

© dpa-infocom, dpa:250617-930-679989/2