Polizei erschießt Messerstecherin in München
Erst Messerangriffe an der Münchner Theresienwiese auf Passanten, dann tödliche Polizeischüsse auf die Angreiferin. Was trieb die Frau? Die Polizei hatte sie erst kurz zuvor mit aus Revier genommen.


München (dpa) - Ein Frau greift mitten in München mehrere Menschen mit dem Messer an - die Polizei schießt, die Frau stirbt. Nach dem Vorfall an der Theresienwiese in München laufen die Ermittlungen weiter. Laut Polizei war die Frau schon kurz zuvor auffällig geworden. Sie hatte demnach in einem Lebensmittelgeschäft randaliert, musste von herbeigerufenen Beamten gefesselt und aufs Revier gebracht werden. Nur etwa eine halbe Stunde nach ihrer Entlassung kam es zu den Vorfällen an der Theresienwiese.
In Medien ist die Rede von möglichen psychischen Problemen; die Polizei hat das bisher nicht bestätigt. Dem Vernehmen nach soll es eine Obduktion geben. Die beiden Opfer der Messerattacke, ein 65 Jahre alter Mann und ein 25 Jahre alte Frau, wurden nur leicht verletzt.
Opfer wurden leicht verletzt
Nach Polizeiangaben hatte die Frau in unmittelbarer Nähe zur Theresienwiese - wo im Herbst das Oktoberfest stattfindet - zunächst im Bereich der Westendstraße eine 56 Jahre alten Mann mit einem Messer attackiert und dann an der Schwanthalerhöhe eine 25 Jahre alte Frau.
Beide seien leicht verletzt und ambulant behandelt worden, sagte ein Sprecher der Münchner Polizei. Am Tatort selbst erinnerte am Tag danach nur noch ein Flatterband an die Attacke.
Warum die Frau auf die beiden losging, ist unklar. Die Wohnung der 30-Jährigen sei durchsucht worden, hieß es weiter. Die Frau, die in unmittelbarer Nähe zum Tatort gewohnt habe, sei vor den Vorfällen nicht wegen Gewaltdelikten aufgefallen. Die Ermittlungen wegen der Messerattacken übernahm das Kommissariat 11, die Münchner Mordkommission.
Wie oft schoss die Polizei?
Mehrere Polizeistreifen waren nach Notrufen ausgerückt, um die Frau festzunehmen, die aber weiter mit dem Messer hantiert haben soll. Daraufhin sei geschossen worden. Wie viele Polizisten schossen und wie viele Schüsse abgegeben wurden, gab die Polizei nicht an. Die Frau wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht, wo sie wenig später starb.
Emotionale Reaktionen
Ein Mann, der das Geschehen nach eigener Aussage beobachtet hatte, berichtete, die Frau habe mit dem Messer auch knapp vor ihm gestanden, er habe Angst gehabt. «Da kommt eine Frau auf mich zu, bleibt zwei Meter vor mir stehen und zückt ein Messer», berichtete er. «Man konnte nicht erkennen, dass die Frau gefährlich ist», sagte er. Sie sei einfach auf Leute zugegangen - da rechne man nicht damit, dass jemand ein Messer zücke. Er habe warnen wollen und den Menschen zugerufen: «Weg da, Messer.» Die Polizei bestätigte diesen Bericht nicht.
Der Pfarrer Pater Gino Levorato von der direkt neben dem Ort des Geschehens liegenden Paulskirche sagte, der Fall habe ihn berührt. Es habe ihn etwas beruhigt, dass die beiden Opfer nur leicht verletzt seien. Dass die Angreiferin tot sei, «hat mich sehr betroffen gemacht».
Schusswaffengebrauch wird überprüft
Die Behörden haben nun - wie stets in einem solchen Fall - zu prüfen, ob der Schusswaffengebrauch durch die Beamten gerechtfertigt war. Das Landeskriminalamt hat die entsprechenden Ermittlungen übernommen. Von dort gab es zunächst keine Informationen zu dem Vorfall.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) drückte nach den tödlichen Polizeischüssen sein Bedauern aus. «Ich bin der Münchner Polizei für das rasche Einschreiten und Stoppen der Messerstecherin sehr dankbar. Ihr Tod ist bedauerlich, war aber wohl leider unvermeidlich», sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
Erst im August tödliche Polizeischüsse auf eine Frau in München
Erst im August vergangenen Jahres war in München - gar nicht weit von der Theresienwiese entfernt - eine 31 Jahre alte, psychisch kranke Frau von der Polizei erschossen worden, nachdem sie in einem Supermarkt mit einem Messer hantiert und Beamte angegriffen haben soll.
Forderungen nach dem verstärkten Einsatz sogenannter Taser - die nicht unumstritten sind - erteilte Herrmann damals eine Absage: «Der Taser ist kein "Allheilmittel" für gefährliche Einsätze, vor allem wenn Täter mit Schusswaffen oder Messern ein sofortiges Handeln der Polizei erfordern.»
Inzwischen hat sein Bundes- und Parteikollege, Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), angekündigt, er wolle die Bundespolizei mit den Elektroschockgeräten ausrüsten. Er sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er werde dafür sorgen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür «noch in diesem Jahr aufgesetzt werden». Taser seien ein «geeignetes Mittel, um auf die gestiegene Bedrohung der Polizei im öffentlichen Raum zu reagieren» - etwa wenn die Beamten mit Stichwaffen wie Messern angegriffen würden.
Polizeigewerkschaft fordert schon lange mehr Taser
Der bayerische Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hatte nach dem Vorfall im August 2024 gefordert, dass auch Streifenpolizisten im Freistaat mit Tasern ausgestattet werden sollten. Bisher seien vor allem Spezial- und Unterstützungseinheiten damit bewaffnet. Gerade bei Angreifern in psychischen Ausnahmesituationen könnten die Distanz-Elektroimpulsgeräte Beamte schützen und Angreifer vor schwereren Verletzungen bewahren.
2024 so viele Tote durch Polizeischüsse wie seit 1997 nicht
Im vergangenen Jahr starben in Bayern so viele Menschen durch Polizeikugeln wie seit 1997 nicht mehr. Laut Innenministerium starben vier Menschen, in fünf Fällen gab es Verletzte. Hinzu kam ein weiterer tödlicher Schusswaffengebrauch durch Kräfte der Bundespolizei.
Laut Landeskriminalamt starben zuletzt im Jahr 1997 vier Menschen durch den Schuss einer bayerischen Polizistin oder eines Polizisten. 2023 war es einer gewesen, 2022 zwei und 2021 keiner.