«Felt Better Alive» - Pete Doherty feiert das Leben
Dass Pete Doherty seine wilden Jahre mit Skandalen und Drogen-Abstürzen überlebt hat, wundert ihn selbst wohl am meisten. Und das feiert er nun mit seinem neuen Solo-Album.


München (dpa) - Eklats, Drogen, öffentliche Abstürze: Wohl kaum ein Musiker hat das Image des Skandalrockers so perfekt verkörpert wie Pete Doherty. Dass er vor allem mit seiner legendären Band, den Libertines, die britische Popkultur über Jahre prägte, liegt sicher auch an der Musik - vor allem aber an Dohertys Eskapaden, seiner Beziehung mit Kate Moss, seinen Affären und Drogenabstürzen und den spektakulären Auseinandersetzungen mit seinem Bandkollegen Carl Barât, die einst im Gitarrendiebstahl gipfelten.
Dass Doherty das alles überlebt hat, wundert ihn selbst wohl am meisten. Sein neues Soloalbum, das er an diesem Freitag (16. Mai) unter seinem vollen Namen Peter Doherty auf den Markt bringt, hat er «Felt Better Alive» genannt - in etwa: «lebend fühlte sich besser an».
Wenn Doherty, inzwischen 46 Jahre alt, vor dem Interview der Deutschen Presse-Agentur zu seinem neuen Album am Rande eines Konzerts in München durch die Straßen spaziert, an der Leine seinen riesigen, gemütlichen Hund Gladys, dann grüßt er die Menschen, die ihn erkennen, unterhält sich ausnehmend freundlich und ausgiebig mit ihnen, spricht andere Hundebesitzer an, um sich über die Tiere auszutauschen.
Elder Statesman des britischen Indie-Rock
Er erinnert sich an frühere Auftritte in der Stadt und an das legendäre Münchner «Atomic Café», das leider «tot» ist. Bei dem Mann mit Hut erinnert nicht mehr viel an den hageren, drogensüchtigen jungen Mann, als der Doherty eins berühmt wurde. Inzwischen ist er so etwas wie der Elder Statesman des britischen Indie-Rock geworden, der jetzt reflektierte zurückblickt auf damals.
«Ruhm und Geld, das war unser Fluch», sagt er. «Darum waren wir so abgefuckt, weil es uns völlig egal war, wie wir das erreichen. Wir sind damit aufgewachsen, zu denken, das sei die Lösung für alle Probleme, das Happy End der Fernsehgeneration. Heute gibt es so viele Kanäle für Musiker, um das zu machen, was sie wollen.»
Im Interview erinnert Doherty sich an sein erstes Solo-Album «Grace/Wasteland» aus dem Jahr 2009. «Als ich "Grace/Wasteland" geschrieben habe, gab es so viel Prachtvolles und Glück - aber da war trotzdem dieser Schatten über meinem Leben. Und jetzt ist es das Gegenteil: Heute liegen Tragik und Schatten über der Welt, die ganze Welt ist im Krieg, überall fliegen Bomben und rechtsgerichtete Oligarchen übernehmen die Macht. Aber mein Leben ist tatsächlich ziemlich ruhig und still.»
Einblick in ein offenbar ziemlich normales Familienleben
Davon zeugt auch das Album: Es ist poetisch, ohne tragend zu sein, hat neben klassischem Doherty-Sound auch ungewohnte Country-Klänge. Der Titelsong «Felt Better Alive» klingt beschwingt, leicht, glücklich, in «Calvados» singt er eine Hommage an Apfelbaumwiesen und den Cidre seiner Wahlheimat - und mit «Pot of Gold» gewährt das einstige Enfant Terrible einen humorvollen Einblick in sein offenbar ziemlich normales Familienleben mit Frau Katia und Tochter Billie-May in der Normandie: «Daddy's trying to write you a lullaby», heißt es darin - Papa versucht, dir ein Schlaflied zu schreiben. «And if that lullaby is a hit, Dad can buy you loads of cool shit…». Wenn er von der Tour zurückkehrt, so sagt er, dann sei er dran damit, die Windeln zu wechseln. Seine Frau sei da sehr klar.
Mit nicht einmal 30 Minuten ist «Felt Better Alive» relativ kurz geworden. «Aber es ist perfekt», sagt Doherty. «Ich war selbst überrascht, wie kurz es ist, aber es fehlt nichts.»