Mister «Mission: Impossible» - Komponist Lalo Schifrin tot
Für die Serie «Mission: Impossible» komponierte Schifrin in den 1960er Jahren die weltberühmte Melodie. Begonnen hatte die Karriere des renommierten Komponisten als Pianist und Jazz-Musiker.


London (dpa) - Sein Name ist sicherlich vielen Film- und Fernsehzuschauern seit den 1960er Jahren ein Begriff - aber auch, wer mit Lalo Schifrin auf Anhieb nichts anzufangen weiß, kennt wahrscheinlich noch heute seine Musik. Vor allem Schifrins Stück für «Mission: Impossible» gehört zu den unsterblichen Erkennungsmelodien der TV- und Kinogeschichte. Auch seine Musik für Filmklassiker wie «Bullitt» oder «Der Mann mit der Todeskralle» oder die Fernsehserie «Starsky & Hutch» ist Kult. Nun ist der renommierte argentinische Komponist im Alter von 93 Jahren gestorben, wie seine Söhne Ryan und William den US-Magazinen «Deadline» und «Variety» bestätigten.
Weltberühmte Titelmelodie unter kuriosen Umständen geschrieben
Sein wohl berühmtestes Stück schrieb Schifrin unter sonderbaren Voraussetzungen. Für die TV-Serie «Mission: Impossible», die ab 1966 in den USA ausgestrahlt wurde und später unter dem Titel «Kobra, übernehmen Sie» im deutschen Fernsehen lief, komponierte er zunächst die Begleitmusik. Dann sollte er die Musik für den Vorspann liefern, allerdings ohne diesen davor gesehen zu haben.
«Du musst die Noten ohne irgendwas auf dem Bildschirm schreiben», habe man ihm gesagt, so Schifrin im Interview der Television Academy. «Wir richten uns nach deiner Musik. Gib uns etwas Rhythmisches.» Und rhythmisch wurde es. Die Musik im äußerst ungewöhnlichen 5/4-Takt klang aufregend und passte atmosphärisch perfekt zu den Geschichten um Spionage, verdeckte Operationen und den ständigen Wettlauf gegen die Zeit. Für seinen Soundtrack erhielt Schifrin einen Grammy. Das ikonische Intro wurde als Musikstück über die Serie hinaus bekannt.
Lalo war eigentlich sein Spitzname. Geboren wurde er am 21. Juni 1932 als Boris Claudio Schifrin in Buenos Aires. Seine musikalische Entwicklung begann in jungen Jahren am Klavier. Sein Klavierlehrer war Enrique Barenboim, der Vater des Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim. Schifrins Vater Luis hatte als Geiger gute Kontakte in die Welt der klassischen Musik, von denen der junge Lalo profitierte.
Schifrin brachte Jazz-Rhythmen ins Kino
Auf dem College entdeckte er zusätzlich den Jazz für sich. «Und seitdem widme ich mich beiden Ausdrucksweisen», sagte er 1967 dem Magazin «Jazz Professional». «Das hat nichts Schizophrenes. Die Leute verstehen nicht, dass gute Musik ein großes Ganzes ist. Ich mache keinen Unterschied zwischen Jazz und klassischer Musik. Ob sie musikalisch gut ist, ist das Einzige, was zählt.» Die Kombination der Stile prägte sein Schaffen. Er machte klassische Motive einem Mainstream-Publikum zugänglich und brachte Jazz-Rhythmen ins Kino.
Zunächst beeinflusste der Jazz seine weitere Laufbahn maßgeblich. Nach einem Soziologie-Studium erhielt Schifrin mit Anfang 20 ein Stipendium am Pariser Konservatorium. Tagsüber studierte er dort Komposition, nachts spielte er in den Jazz-Clubs der französischen Hauptstadt. Zurück in Buenos Aires gründete er ein Jazz-Orchester, mit dem er wöchentlich in einer TV-Show auftrat.
Neue Karriere in den USA
Eine Begegnung mit dem Jazzmusiker Dizzy Gillespie erwies sich als wegweisend für seine zukünftige Karriere. Zunächst komponierte er das Album «Gillespiana» für Gillespie, auf dem er auch Klavier spielte. Einige Jahre später holte ihn Gillespie als Pianist in sein Quintett. Schifrin zog dafür Anfang der 60er Jahre nach New York City und machte sich in den USA einen Namen - mit Jazz und auch mit Bossa Nova. Später nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an.
In seiner alten Heimat hatte der Argentinier vereinzelt an Filmen mitgewirkt. Sein erstes Hollywood-Engagement wurde der Abenteuerfilm «Rhino!», der in Deutschland den reißerischen Titel «Safari zur Hölle» trug und 1964 in die Kinos kam. Noch im selben Jahr komponierte er die Musik für drei weitere Filme, darunter der US-TV-Film «See How They Run» mit Senta Berger und das französische Drama «Wie Raubkatzen» mit Alain Delon, und Folgen von TV-Serien. Von New York zog er in die Film-Metropole Los Angeles.
Lange Liste an bekannter Filme
Die Online-Film-Datenbank IMDb listet heute über 200 Soundtracks aus der Feder von Lalo Schifrin. Besonders berühmt sind seine lässige, jazzige Musik für den Steve-McQueen-Klassiker «Bullitt» (1968), die fast beklemmende Begleitung für Clint Eastwoods Thriller «Dirty Harry» (1971) samt einiger Fortsetzungen und der atmosphärische Soundtrack für «Der Mann mit der Todeskralle (1973)». Für den Kultfilm mit Bruce Lee wagte sich Schifrin auf neues Terrain und kombinierte Elemente von Funk mit asiatischen Klängen und Samples.
In späteren Jahren zeichnete der Komponist unter anderem für die Soundtracks zur «Rush Hour»-Reihe mit Jackie Chan und Chris Tucker verantwortlich und produzierte die Musik für einige kleinere oder unabhängige Produktionen. Seine ikonische Melodie für «Mission: Impossible» blieb immer präsent, zumal sie dank der Hollywood-Blockbuster mit Tom Cruise seit 1996 auch im Kino regelmäßig erklang, arrangiert von modernen Filmkomponisten wie Danny Elfman oder Hans Zimmer.
Insgesamt fünf Grammys, darunter einen Latin Grammy, erhielt Lalo Schifrin. Viermal war er für einen Emmy, sechsmal für einen Oscar nominiert. Im Herbst 2018 erhielt er den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. Im Interview der Television Academy, die jährlich die Emmys vergibt, wurde Schifrin gefragt, wofür er nach seinem Tod in Erinnerung bleiben möchte. «Das ist nicht mein Problem», antwortete der Musiker. «Das müssen die nachfolgenden Generationen beurteilen.»