Applaus für Delling im Gericht - «Nie etwas Unrechtes getan»
Einst war Sportmoderator Gerhard Delling ein bekanntes Gesicht im Fernsehen. Heute ist er in einem Prozess um Kindesentführung wegen Beihilfe angeklagt. Was sagt der 66-Jährige zu den Vorwürfen?


Hamburg (dpa) - Als Sportmoderator kommentierte Gerhard Delling vom Spielfeldrand, im Prozess um die Entführung der Block-Kinder vor dem Hamburger Landgericht sitzt er jetzt als Angeklagter mittendrin. «Normalerweise rede ich zweimal 45 Minuten», sagt der 66-Jährige zu Beginn seiner Erklärung zu den Vorwürfen gegen ihn. Heute werde er sich kürzer fassen.
Zu seiner Linken sitzt seine Lebensgefährtin Christina Block (52). Die Tochter des Gründers der Steakhaus-Kette «Block House», Eugen Block, ist angeklagt, die Entführung ihrer beiden jüngsten Kinder aus der Obhut des Vaters in Dänemark in Auftrag gegeben zu haben, was sie bestreitet. Rechts von Delling sitzt Blocks Ex-Mann Stephan Hensel (51). Er wurde bei der Rückholaktion nach Angaben der Staatsanwaltschaft niedergeschlagen und ist Nebenkläger.
Delling betont, dass es für ihn nie in Rede gestanden habe, etwas Unrechtes zu tun oder gar Gewalt anzuwenden. «Ich hätte niemals gedacht, dass ich als absolut rechtstreuer Bürger jemals vor Gericht stehen würde.»
Delling ist wegen Beihilfe angeklagt. Er soll das Zusammentreffen Blocks mit ihrem damals zehnjährigen Sohn und der 13 Jahre alten Tochter am 1. Januar 2024 in Baden-Württemberg organisiert und ihre gemeinsame Rückkehr nach Hamburg koordiniert haben. Delling wird außerdem verdächtigt, gegenüber Kriminalbeamten falsche Angaben gemacht zu haben.
Delling: Ich habe Christina Block getröstet
Er habe Christina Block Mut zugesprochen und versucht, ihre Lage zu verstehen, erklärt der Angeklagte weiter. Unzählige Menschen hätten seiner Lebensgefährtin gesagt, sie würden in einer solchen Lage jedes Mittel in die Hand nehmen, um ihre Kinder wiederzusehen. Die Mutter habe aber auf den beschwerlichen Weg der Gerichte gesetzt. Er habe sie beruhigt, getröstet und aufgebaut. Auf die konkreten Vorwürfe der Anklage geht er nicht ein und will auch keine Nachfragen beantworten.
Delling sagt, er habe Christina Block in der Corona-Zeit kennengelernt. Mit ihren vier Kindern habe er sich sehr gut verstanden. Eine Tochter habe ihn statt Gerhard «Gernhard» genannt, weil sie ihn so gern hatte.
Acht Monate habe er die Kinder erlebt, sechs davon intensiv. Er habe immer die Überzeugung vertreten, dass Kinder Vater und Mutter brauchen, sagt der 66-Jährige. Blocks zweitältester Tochter, die bis heute bei der Mutter lebt und unter der Trennung der Eltern leide, habe er gesagt, dass ihr Vater immer ihr Vater bleiben werde.
Delling: Christina Block hatte gutes Verhältnis zu den Kindern
Die beiden jüngsten Kinder leben seit Ende August 2021 bei ihrem Vater in Dänemark. Nach Ansicht der Hamburger Staatsanwaltschaft behielt er sie nach einem Wochenendbesuch widerrechtlich bei sich.
Delling betont, Christina Block habe ein gutes Verhältnis zu ihren Kindern gehabt. «Sie hat sie schon gar nicht geschlagen oder auch nur aggressiv behandelt», sagt er zu den Vorwürfen, die von der Seite des Vaters erhoben werden. Die jüngste Tochter habe nicht einschlafen können, ohne dass ihr die Mutter noch etwas vorlas und mit ihr kuschelte. Gemeinsam hätten sie Spiele gespielt. In seinem beruflichen Leben und in Stiftungen habe er sich für ein faires Miteinander eingesetzt und sich gegen Gewalt positioniert. «Ich habe selbst drei wunderbare Töchter, die nie geschlagen wurden.»
Die Zuschauer im Gerichtssaal reagieren mit spontanem Applaus auf Dellings Erklärung. Die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt schreitet sofort ein: Sie dulde keinen Applaus im Zuschauerraum.
Vater spricht von Todesangst
Gegen Ende des neunten Verhandlungstages beginnt die Richterin mit der Vernehmung von Hensel. Er schildert den Überfall in der Silvesternacht 2023/24 aus seiner Perspektive. «Ich hatte Todesangst», sagt der Nebenkläger. «Ich wurde auf den Bauch geworfen.» Er habe versucht, sich zu wehren. «Ich kriegte permanent Schläge und Tritte.» Gleichzeitig habe er die Kinder schreien hören. Dann seien die Autos mit den Kindern davongerast.
Die beiden jüngsten Kinder des Ex-Paares leben seit Ende August 2021 bei ihrem Vater in Dänemark. Nach Ansicht der Hamburger Staatsanwaltschaft hatte er sie nach einem Wochenendbesuch widerrechtlich bei sich behalten. Es folgte ein langer Sorgerechtsstreit mit der Mutter. Einige Tage nach der Entführung entschied das Hamburger Oberlandesgericht, dass die Kinder zurück zum Vater müssen. Die Befragung von Hensel wird am Mittwoch fortgesetzt.
Block-Häuser sollten nach Entführung geschützt werden
Nach Delling verliest die Verteidigerin die Erklärung eines wegen Beihilfe mitangeklagten Sicherheitsunternehmers. Der 58 Jahre alte Deutsche schildert darin, dass er keine Anzeichen hatte, dass jemand beauftragt worden sein könnte, die Kinder aus Dänemark zurückzuholen.
Er habe Anfang Januar kurzfristig von Firmengründer Eugen Block den Auftrag bekommen, dessen Haus und das seiner Tochter vor Pressevertretern und unberechtigten Personen zu schützen.
Bevor die Kinder eintrafen, habe er die Fenster im Haus der Mutter verriegeln lassen. Es sei nicht darum gegangen, den Jungen und das Mädchen einzusperren. Sie sollten nur nicht unbedacht auf die Straße laufen und vor Presse und unberechtigten Personen geschützt werden. Seine Hamburger Firma habe nichts mit der Entführung zu tun und habe ständig mit der Polizei kooperiert.
Verwandte sollte Kinder nahe Hamburg abholen
Es äußert sich zudem eine Verwandte von Christina Block, die ebenfalls wegen Beihilfe angeklagt ist. «Der Vorwurf ist nicht wahr», sagt die 49-Jährige. Sie sei bereit gewesen, die Kinder eine letzte kurze Strecke nach Hause zu fahren, weil sie wusste, dass die Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht hatte. Sie habe die Kinder von Geburt an gekannt und immer Kontakt zur Familie von Christina Block gehabt. Mutter und Kinder hätten harmonisch zusammengelebt.
Am Abend des 1. Januar habe Delling sie angerufen und gefragt, ob sie die Kinder von einem Treffpunkt bei Hamburg abholen könne. Er selbst habe sie nicht abholen wollen, weil er vermutete, dass der Vater ihn bei den Kindern schlechtgemacht habe. Sie sollten aber auf ein vertrautes Gesicht treffen. Am 2. Januar habe Christina Block sie angerufen, ihr gesagt, dass die Kinder aus Dänemark geholt worden seien und sie nicht wisse, wer dahinterstecke.
Am Abend habe sie eine Wegbeschreibung zum Treffpunkt bekommen, diese aber nicht verstanden. Ihr Mann habe ihr den Weg über Whatsapp erklärt. «Und nur aus diesem Grund sitzt er neben mir auf der Anklagebank», sagt die Frau unter Tränen. Das tue ihr schrecklich leid. Ihr Ehemann will im Prozess vorerst keine Aussage machen.