Royals zelebrieren deutsch-britische Freundschaft
Charles III. und seine Familie bereiten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender einen königlichen Empfang in Windsor. Doch der Staatsbesuch hat auch eine politische Dimension.
London/Windsor (dpa) - Kutschfahrt, Reiterstaffel, Salutschüsse: Erstmals seit 27 Jahren ist mit Frank-Walter Steinmeier ein deutscher Bundespräsident mit vollem Zeremoniell in Großbritannien zum Staatsbesuch empfangen worden. Zum Auftakt ihrer dreitägigen Visite im Vereinigten Königreich wurden Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender von König Charles III. und Königin Camilla mit militärischen Ehren und royalem Pomp begrüßt.
Der Besuch gilt als Ausdruck eines Zusammenrückens der beiden Verbündeten nach dem Brexit. Hintergrund sind nicht zuletzt die angespannte geopolitische Lage mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und einem wankelmütigen US-Präsidenten Donald Trump im Weißen Haus, aber auch die schwächelnde Wirtschaft in beiden Ländern. Als letzter Bundespräsident hatte Roman Herzog 1998 dem Vereinigten Königreich einen Staatsbesuch abgestattet.
Vor dem Empfang auf Schloss Windsor waren die Besucher bei strahlendem Sonnenschein in einer Kutschprozession durch die kleine Stadt westlich von London gereist. Hunderte Schaulustige säumten die Straßen, als König Charles und Steinmeier in der «Irish State Coach», begleitet von berittenen Gardesoldaten, vorbeifuhren. Die deutsche First Lady und die britische Königin sowie Prinz William und Prinzessin Kate saßen in weiteren Kutschen. Das Thronfolgerpaar hatte die Besucher bereits am Flughafen London Heathrow abgeholt.
Beim Staatsbankett auf Schloss Windsor am Abend forderte Steinmeier, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter zu intensivieren. Der Brexit sei ein tiefer Einschnitt gewesen, sagte der Bundespräsident und fügte hinzu: «Aber im Ergebnis haben wir nicht zugelassen, dass diese Entscheidung unsere Freundschaft beschädigt.» König Charles betonte in seiner mit viel britischem Charme und Humor vorgetragenen Tischrede, die beiden Länder seien «im festen Glauben an die Demokratie, den Frieden und den Rechtsstaat» vereint und sollten der Zukunft gemeinsam entgegentreten.
Zu den Gästen im Schatten eines gigantischen Weihnachtsbaums gehörten unter anderem das Model Claudia Schiffer, der Komponist Hans Zimmer, Gruffalo-Zeichner Axel Scheffler und TV-Star Motsi Mabuse.
Steinmeier: Neues Kapitel in Beziehungen aufgeschlagen
Nach dem Empfang durch die Royals reiste Steinmeier aber zunächst zu einem Treffen mit Premierminister Keir Starmer in den Londoner Regierungssitz 10 Downing Street weiter.
«Wir sind zwei Länder, die ähnlich denken und ähnlich handeln bei Themen wie Migration, Wirtschaftswachstum und Handel (...)», sagte Starmer bei einem kurzen Austausch mit Steinmeier vor laufenden Kameras. Die Beziehung beider Länder sei in jeglicher Hinsicht eng. Das gelte auf menschlicher Ebene wie auch im Hinblick auf Verteidigung und Sicherheit sowie hinsichtlich der Wirtschaft und der Unterstützung der Ukraine, so Starmer weiter.
Steinmeier betonte, man habe inzwischen gelernt, mit den Schwierigkeiten durch den Brexit umzugehen und ein neues Kapitel aufgeschlagen. Er fügte hinzu: «Wir haben eine neue Sicherheitssituation in Europa, wenn nicht in der ganzen Welt. Daher gibt es einen Bedarf für engere Zusammenarbeit.» Man spreche aber auch über eine engere wirtschaftliche Kooperation.
Erleichterung für Klassenfahrten nach Großbritannien
Mit der Unterzeichnung des Kensington-Abkommens im Juli beim Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vereinbarten beide Seiten eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft, Migration, Forschung und kultureller Austausch. Zur engeren Verteidigungskooperation hatten beide Länder zuvor schon das sogenannte Trinity-House-Abkommen geschlossen.
Auf deutscher Seite besteht vor allem der Wunsch, dass junge Menschen wieder einfacher nach Großbritannien reisen und dort arbeiten können. Einen ersten Erfolg konnte sie mit der Erleichterung für Klassenfahrten verbuchen. Diese können seit einigen Wochen wieder ohne Visumspflicht für Schülerinnen und Schüler ohne deutschen Pass durchgeführt werden. Auch Reisepass und Einreisegenehmigung für deutsche Kinder sind nicht mehr notwendig. Der Wegfall vereinfachter Einreisebestimmungen durch den Brexit hatte Klassenfahrten zuvor erheblich erschwert.
Herzliches Verhältnis verbindet Charles und Steinmeier
Der britische König hat über seinen verstorbenen Vater, Prinz Philip, familiäre Verbindungen nach Deutschland und spricht auch Deutsch, wie er bei Ansprachen immer wieder unter Beweis gestellt hat. Charles und Steinmeier sind sich in den vergangenen Jahren immer wieder begegnet. Zwischen beiden Staatsoberhäuptern habe sich «ein gutes und herzliches Verhältnis entwickelt», heißt es im Bundespräsidialamt. Das dürfte nicht bei jedem Staatsgast, den König Charles empfangen hat, der Fall gewesen sein.
Steinmeier und Trump - feine Unterschiede im Besuchsprogramm
Zuletzt war US-Präsident Donald Trump zu seiner bereits zweiten Staatsvisite auf Schloss Windsor zu Gast. Auch sein Programm enthielt eine Kutschfahrt. Anders als bei Steinmeier wurde sie jedoch in den privaten Teil des weitläufigen Parks um Schloss Windsor verlegt - wohl um Störungen durch Proteste vorzubeugen. Der US-Präsident wurde auch nicht zu einer Rede vor dem Parlament eingeladen. Offizielle Begründung war, dass sein Besuch im September während einer Sitzungspause stattfand.
Steinmeier hingegen wird an seinem zweiten Besuchstag im Parlament erwartet. Am dritten Tag reisen Steinmeier und Büdenbender nach Coventry. Die deutsche Luftwaffe hatte die nahe Birmingham in den Midlands gelegene Industriestadt im Zweiten Weltkrieg mehrfach mit schweren Bombenangriffen überzogen.