Idol der Linken: Uruguays Ex-Präsident Mujica gestorben
Er wohnte auf einem bescheidenen Bauernhof und fuhr einen klapprigen VW Käfer. Den größten Teil seines Gehaltes spendete er, galt als «ärmster Präsident der Welt». Das brachte ihm viel Sympathie ein.


Montevideo (dpa) - Als Guerillero kämpfte er mit Waffengewalt gegen den Staat, als Präsident mit politischen Mitteln gegen die Armut. Nach dem Ende seiner Amtszeit widmete sich José «Pepe» Mujica der Blumenzucht. Jetzt ist der frühere uruguayische Staatschef (2010-2015) im Alter von 89 Jahren auf seinem kleinen Bauernhof vor den Toren von Montevideo gestorben.
«Wir werden dich sehr vermissen, lieber alter Mann. Wir danken dir für alles, was du uns gegeben hast, und für deine tiefe Liebe zu deinem Volk», schrieb der amtierende Präsident Yamandú Orsi auf der Plattform X. Die Regierung des südamerikanischen Landes ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.
Mujica galt als «ärmster Präsident der Welt»
Mit seiner bescheidenen und nahbaren Art wurde Mujica zu einem Idol der lateinamerikanischen Linken. Auch als Präsident wohnte er in einem einfachen Bauernhaus in der Nähe der Hauptstadt Montevideo mit nur drei Zimmern und einem Kohleofen. Er fuhr einen alten VW Käfer und spendete einen Großteil seines Gehalts, weshalb er als «ärmster Präsident der Welt» galt.
Seine Kritik galt vor allem der Konsumgesellschaft. «Wenn wir die Bedürfnisse vervielfachen, verbringen wir unsere Lebenszeit nur noch damit, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Der Markt beherrscht uns und nimmt uns unsere Lebenszeit», sagte er während seiner Krebsbehandlung in einem Interview. «Wir müssen für das menschliche Glück kämpfen, nicht für Reichtum.»
Kolumbiens Präsident Gustavo Petro, ebenfalls ein ehemaliger Guerrillero, würdigte Mujica als «großen Revolutionär». Die mexikanische Staatschefin Claudia Sheinbaum bezeichnete ihn als «ein Vorbild für Lateinamerika und die ganze Welt wegen seiner Weisheit, seines Denkens und seiner Demut.» Chiles linker Präsident Gabriel Boric schrieb auf X: «Wenn du uns etwas hinterlassen hast, dann ist es die unauslöschliche Hoffnung, dass es möglich ist, die Dinge besser zu machen.»
Fast 15 Jahre in Haft
José Alberto Mujica Cordano wurde am 20. Mai 1935 in Montevideo geboren. Schon seine Eltern betrieben die Blumenzucht, die Mujica später übernahm. In den 1960er Jahren schloss er sich der Guerilla-Gruppe Tupamaros an und beteiligte sich an Überfällen, Entführungen und Bankrauben. Er wurde schließlich festgenommen und blieb bis zum Ende der Militärdiktatur (1973-1985) insgesamt fast 15 Jahre in Haft, davon rund 13 Jahre in Einzelhaft.
Nach der Rückkehr zur Demokratie schwor Mujica dem bewaffneten Kampf ab und ging in die Politik. Er war Abgeordneter im Repräsentantenhaus und später im Senat, bevor er 2005 das Amt des Landwirtschaftsministers übernahm. Im Alter von 74 Jahren gewann er 2009 als Kandidat der linken Koalition Frente Amplio schließlich die Präsidentenwahl.
Während seiner Amtszeit wuchs die Wirtschaft, die Armut ging zurück. Er entkriminalisierte Abtreibungen, erlaubte gleichgeschlechtliche Ehen, gewährte aus Guantánamo entlassenen US-Häftlingen Asyl und leitete die Legalisierung von Cannabis ein. Nach dem Ende seiner fünfjährigen Präsidentschaft wurde er erneut in den Senat gewählt. Während der Corona-Pandemie gab er seinen Sitz aus Angst vor einer Infektion schließlich auf.
Lebensabend auf bescheidenem Bauernhof
Seine letzten Jahre verbrachte Mujica mit seiner Frau, der Ex-Guerillera und früheren Abgeordneten Lucía Topolansky, auf ihrer bescheidenen Farm. Hin und wieder äußerte er sich noch zu politischen Themen, beispielsweise zu einer von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl in Venezuela. Nachdem bei ihm Speiseröhrenkrebs diagnostiziert wurde, unterzog er sich einer Strahlentherapie.
Wie sich die Menschen an ihn erinnern sollen, wurde er in einem Interview gefragt, als er bereits schwer krank war. Seine Antwort: «So wie ich bin: ein alter Verrückter.»