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Belohnungssysteme für Kinder: Wann sie helfen und schaden

Belohnungssysteme in der Kindererziehung sind ein Thema, das kontrovers diskutiert wird. Die Frage, ob Belohnungen helfen oder schaden, klären wir hier.

Sternchen Familie & Kinder Foto: MIA Studio/Adobe Stock

Bei der Kindererziehung herrscht oft Uneinigkeit darüber, ob Belohnungssysteme ein angemessenes Mittel zur Förderung von Verhalten bei Kindern sind oder nicht. Die Frage, ob sie als effektive Motivationshilfe dienen oder eher schädliche Auswirkungen haben können, bleibt ein zentrales Thema in der pädagogischen Diskussion.

Wie wichtig sind Belohnungen?

Prof. Tanja Legenbauer, Expertin auf dem Gebiet der klinischen Psychologie, erklärt gegenüber dem SPIEGEL in einem Interview, dass Belohnungen und Bestrafungen wichtige Werkzeuge in der Erziehung sind. Belohnungen können einen direkten Lerneffekt im Gehirn auslösen, der dazu beiträgt, erwünschtes Verhalten zu verstärken. Allerdings sollten Belohnungen angemessen und konsequent eingesetzt werden, um ihre Effektivität zu maximieren.

Über Strafen lernt man zwar auch, aber langsamer.

Prof. Tanja Legenbauer

Die Familie spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Kindern. Belohnungen und Bestrafungen sind Teil dieses Prozesses und helfen Kindern, soziale Normen und Verhaltensweisen zu erlernen. Dabei können auch einfache Belohnungen wie Lob eine positive Wirkung haben, solange sie angemessen und konsequent erfolgen. In der Verhaltenstherapie werden Belohnungssysteme häufig eingesetzt, um erwünschtes Verhalten zu fördern und Familienkonflikte zu reduzieren. Durch gezielte Verstärkerpläne können positive Verhaltensweisen verstärkt und ein harmonischerer Familienalltag erreicht werden.

Man darf Belohnungen natürlich nicht wie eine Gießkanne einsetzen und ständig alles, was man gut findet, loben und mit Geschenken vergüten.

Prof. Tanja Legenbauer

Wie belohnt man seine Kinder richtig?

Es gibt bestimmte Richtlinien, die Eltern beachten sollten, um Belohnungssysteme wirksam einzusetzen. Dazu gehört unter anderem: 

  1. Beschränkung auf ein Thema: Es ist wichtig, sich bei der Einführung eines Belohnungssystems auf ein spezifisches Verhaltensziel zu konzentrieren. Durch die Auswahl eines einzigen Themas können Eltern sicherstellen, dass das Kind nicht überfordert wird und das Ziel klar und leicht verständlich bleibt. Dies ermöglicht es dem Kind, sich auf eine konkrete Verhaltensänderung zu konzentrieren, anstatt mit zu vielen Erwartungen gleichzeitig konfrontiert zu werden. Zum Beispiel könnte das Belohnungssystem darauf abzielen, dass das Kind seine Hausaufgaben regelmäßig und rechtzeitig erledigt.
  2. Vermeidung von Überforderung des Kindes: Eltern sollten darauf achten, dass das Belohnungssystem den individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen ihres Kindes entspricht. Es ist wichtig, realistische Ziele zu setzen und sicherzustellen, dass das Kind nicht überfordert wird. Zu hohe Erwartungen oder zu viele Anforderungen könnten dazu führen, dass das Kind frustriert wird und das System nicht mehr akzeptiert. Es ist ratsam, die Entwicklung des Kindes zu berücksichtigen und die Ziele entsprechend anzupassen, um eine positive Erfahrung zu gewährleisten.
  3. Konsequenz bei der Umsetzung des Systems: Die Konsequenz ist entscheidend für die Wirksamkeit eines Belohnungssystems. Eltern sollten sicherstellen, dass sie das System konsequent anwenden und die festgelegten Regeln einhalten. Inkonsistenz kann Verwirrung beim Kind verursachen und die Effektivität des Systems beeinträchtigen. Wenn das Kind das Gefühl hat, dass Belohnungen willkürlich vergeben werden oder dass bestimmte Verhaltensweisen nicht konsistent belohnt werden, kann dies zu Frustration und Desinteresse führen. Daher ist es wichtig, das Belohnungssystem kontinuierlich zu überwachen und bei Bedarf anzupassen, um die Motivation und das Engagement des Kindes aufrechtzuerhalten.
  4. Thema, bei dem das Kind keine eigene Motivation verspürt: Wenn das Kind bereits Freude an einer bestimmten Aktivität hat, könnte die Einführung eines Belohnungssystems dazu führen, dass die intrinsische Motivation des Kindes beeinträchtigt wird.
  5. Nicht bei leistungsbezogenen Themen einsetzen: Belohnungssysteme sollten nicht für Aufgaben oder Aktivitäten eingesetzt werden, die bereits mit Leistungsansprüchen verbunden sind, wie beispielsweise gute Schulnoten oder sportliche Leistungen. Dies könnte dazu führen, dass das Kind seine eigene Selbstwahrnehmung an die Erreichung externer Ziele knüpft, was langfristig das Selbstwertgefühl beeinträchtigen könnte.
  6. Belohnung muss im Alltag leicht zu handhaben sein: Komplexe oder schwer zu erreichende Belohnungen können dem Kind das Gefühl geben, dass das Belohnungssystem unfair oder unrealistisch ist. Stattdessen sollten Belohnungen einfach und praktisch sein, damit das Kind sie leicht verstehen und erhalten kann.

So können Belohnungen schädlich sein

Der amerikanische Autor Alfie Kohnen verdeutlichte in seinem Buch "Punished by Rewards" anhand zahlreicher Studien, warum eine Erziehung mit Belohnungen nur kurzfristige Erfolge bringt, langfristig jedoch scheitern muss, berichtet die Zeitschrift Familienleben.ch. Diese Sichtweise wird von immer mehr Erziehungsexperten geteilt, die darauf hinweisen, dass Belohnungen letztendlich eine Form der Bestrafung darstellen können. Denn Belohnungen können den inneren Antrieb eines Kindes, eine bestimmte Handlung auszuführen, durch einen äußeren Anreiz ersetzen. Dadurch kann die intrinsische Motivation geschwächt werden. Außerdem lernen Kinder nicht aus Überzeugung zu handeln, sondern werden dazu verleitet, das zu tun, was verlangt wird, um die Belohnung zu erhalten. Dies kann dazu führen, dass Kinder nicht lernen, selbstbewusst "Nein" zu sagen und Manipulationen zu widerstehen.

Was ist die Alternative?

Stattdessen plädieren einige Experten für einen kooperativen und demokratischen Erziehungsstil, der auf Anerkennung und Wertschätzung basiert. In einer solchen Umgebung können Kinder Selbstvertrauen, Selbstachtung und Selbstständigkeit entwickeln – wichtige Voraussetzungen für ein erfülltes Leben.

Dennoch bedeutet dies nicht, dass Belohnungen grundsätzlich vermieden werden sollten. In bestimmten Situationen können Belohnungen als unterstützendes Mittel eingesetzt werden, insbesondere wenn einem Kind bestimmte Handlungen schwerfallen oder unangenehm sind. Dabei ist jedoch wichtig, dass Belohnungen selten und umsichtig eingesetzt werden und nicht als Hauptmotivation für das Verhalten eines Kindes dienen.

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