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Plötzlicher Kindstod: Mögliche Ursache gefunden

Ein gesundes Kind stirbt plötzlich im Schlaf - und keiner weiß, wieso. Die größte Angst, die Eltern bei Säuglingen haben. Doch nach langen Jahren der Ungewissheit ist nun wohl die Ursache für den plötzlichen Kindstod gefunden. Hier lest ihr alles Wichtige.

Babyhand in anderer Hand Gesundheit Foto: Sebastian Gollnow / dpa

Der Zustand, der allge­mein als Plötz­li­cher Kind­s­tod, englisch SIDS (sudden infant death syndrome) bekannt ist, ist der unge­klärte Tod eines Säug­lings im Schlaf. Doch nun haben austra­li­sche Wissen­schaft­ler in einer bahn­bre­chen­den Studie einen neuen poten­zi­el­len Biomar­ker iden­ti­fi­ziert.

Was ist SIDS?

SIDS tritt in der Regel inner­halb der ersten sechs Lebens­mo­nate eines Babys auf und geschieht im Schlaf. Nach Anga­ben des „Cen­ters for Disease Control and Preven­tion“ (CDC) wird der Tod von Säug­lin­gen unter einem Jahr als SIDS bezeich­net und ist häufig auf physi­sche Fakto­ren wie verse­hent­li­ches Ersti­cken in der Schlaf­um­ge­bung zurück­zu­füh­ren. Obwohl die Rate der SIDS-Todes­fälle seit den 90er Jahren zurück­ge­gan­gen ist, da mehr Infor­ma­ti­o­nen zur Verfü­gung stehen, ster­ben hier­zu­lande noch immer jähr­lich mehr als 100 Kinder den soge­nann­ten „Plötz­li­chen Kind­s­tod“. Eltern soll­ten erken­nen, welche Maßnah­men sie ergrei­fen können, um das Risiko, dass ihr Kind an SIDS stirbt, zu verrin­gern, z. B. das Entfer­nen von Decken, Stoff­tie­ren und Kissen aus dem Bett ihres Kindes.

Was ist die Ursache für SIDS?

Eine neue Studie der austra­li­schen Schlaf-Wissen­schaft­le­rin Dr. Carmel Harring­ton, könnte einige Antwor­ten auf die Rätsel des Plötz­li­chen Kind­s­tods geben. Die von austra­li­schen Forschern durch­ge­führte Studie ergab, dass Babys, die als SIDS-Todes­fälle einge­stuft wurden, nied­ri­gere Werte eines Enzyms aufwie­sen, das bei der Regu­lie­rung der Atmung eine Rolle spie­len kann.

Was waren die Ergebnisse der Studie?

In den neues­ten Ergeb­nis­sen sagten die Forscher, dass die Werte des Enzyms Buty­ryl­cho­li­nes­terase (BChE), das als „ein wich­ti­ger Zweig des auto­no­men Systems“ bezeich­net wird, bei Babys, die an SIDS star­ben, nied­ri­ger waren als bei leben­den Säug­lin­gen. Die Theo­rie der Forschen­den um Harring­ton lautet demnach, dass, wenn die Atmung eines Säug­lings im Schlaf stoppt, der Mangel am Enzym BChE dazu führt, dass das Baby nicht aufwacht oder sich regt und dann stirbt.

Die bedingte statistische Analyse zeigte, dass in den Gruppen, in denen die Fälle als 'SIDS-Tod' gemeldet wurden, ein starker Hinweis darauf bestand, dass eine niedrigere BChE-spezifische Aktivität mit dem Tod assoziiert war, während es in den Gruppen, in denen ein 'Nicht-SIDS-Tod' gemeldet wurde, keinen Hinweis auf einen linearen Zusammenhang zwischen BChEsa und Tod gab, heißt es in der Studie.

Dr. Carmel Harrington

Skepsis an Ergebnissen

Nach Ansicht von Rachel Moon, einer SIDS-Forsche­rin an der Univer­si­tät von Virgi­nia, ist das große Inter­esse an der Studie zwar verständ­lich, aber nicht gerecht­fer­tigt.

Daran ist überhaupt nichts Definitives.

Rachel Moon

Sie wies darauf hin, dass die Studie sehr klein war – sie umfasste Blut­pro­ben von 67 Säug­lin­gen, die star­ben, und 10, die über­leb­ten. Moon sagte, das Ergeb­nis der Studie beweise nicht unbe­dingt, dass das Enzym für SIDS verant­wort­lich sei oder eine Rolle beim Tod eines Säug­lings spiele. Und obwohl es Unter­schiede zwischen den Enzym­wer­ten der beiden Grup­pen von Säug­lin­gen gab, gab es auch genü­gend Über­schnei­dun­gen in den Blut­spie­geln von Betrof­fe­nen und Kontroll­grup­pen. Eben dies würde es schwie­rig machen, einen genauen Blut­test zu entwi­ckeln, um fest­zu­stel­len, ob ein Säug­ling Werte des Enzyms aufweist, die mit SIDS in Verbin­dung stehen, sagte Moon. Dr. Gabrina Dixon, Direk­to­rin für die Förde­rung der Viel­falt in der akade­mi­schen Pädia­trie am Child­ren’s Nati­o­nal in Washing­ton, sagte, die Studie sei inter­es­sant.

Aber ich würde sie noch nicht als etwas Besonderes bezeichnen. Es könnte vielversprechend für künftige Forschungen sein, aber die Zahl der Kinder in dieser Studie ist so klein, dass man viel mehr Zahlen braucht, um sagen zu können, dass es das ist, was es ist.

Dr. Gabrina Dixon

First Candle, eine nati­o­nale Orga­ni­sa­tion, die sich für die Besei­ti­gung schlaf­be­zo­ge­ner Todes­fälle bei Säug­lin­gen einsetzt und Fami­lien unter­stützt, begrüßte die Forschungs­er­geb­nisse, mahnte aber auch zur Vorsicht.

Dies ist ein Fortschritt, und deshalb sollten wir optimistisch sein, aber es ist nicht die ganze Antwort", sagte CEO Alison Jacobson in einer Erklärung. "Unsere Sorge bei der Entwicklung eines Tests für die Anfälligkeit für SIDS ist, dass Eltern ein falsches Gefühl der Sicherheit bekommen und unsichere Schlafpraktiken anwenden.

First Candle

Optimismus von Studienleiterin

Harring­ton, die nicht nur die Studie leitete, sondern auch den Verlust ihres eige­nen Babys durch SIDS vor fast drei Jahr­zehn­ten miter­lebte, sagte in der Pres­se­mit­tei­lung, dass Gesund­heits­ex­per­ten bis jetzt nicht wuss­ten, was den Mangel an Erre­gung bei Säug­lin­gen verur­sacht.

Jetzt, da wir wissen, dass BChE eine Rolle spielt, können wir damit beginnen, die Folgen für diese Babys zu ändern und SIDS der Vergangenheit angehören zu lassen.

Dr. Carmel Harrington