Faszination Vollmond: Was ist Fantasie und was sind Fakten?
Beeinflusst uns der Mond auf geheimnisvolle Weise? Die Wissenschaft hat nicht bei jedem Aspekt schon eine klare Antwort, zum Beispiel beim Thema Schlaf. Definitiv hat der Erdtrabant mit Ostern zu tun.


Seit Jahrtausenden sind Menschen fasziniert vom Nachthimmel. Der Mond hat unser Zeitgefühl geprägt, Fantasie und Kunst beflügelt. Doch er hat auch immer noch seine Geheimnisse.
Macht uns der Mond emotional?
Dazu verrät die Sprachgeschichte einiges: "Lunatic" steht im Englischen für einen Wahnsinnigen. Der Begriff geht auf das lateinische Wort "luna" für Mond zurück und spiegelt einen Volksglauben, der im Mittelalter verbreitet war: Der Mond sollte unsere Gefühle und unser Verhalten beeinflussen. Manche Forscher glauben, dass auch der Menstruationszyklus vom Mond beeinflusst sein könnte.
Das deutsche Wort "Laune" kommt übrigens auch von luna. Aber nicht nur in der Alltagssprache, sondern auch in Kunst und Musik hat der Mond Einfluss: Eindeutig emotional klingen Beethovens Mondscheinsonate oder Matthias Claudius' Gedicht "Der Mond ist aufgegangen". Wissenschaftlich gibt es neben Fakten aber auch noch Rätsel, ob uns der Mond wirklich bezirzen kann.
Wie gut ist das Thema erforscht?
Der Schweizer Chronobiologe Christian Cajochen studiert die innere Uhr des Menschen an der Universität Basel, zum Beispiel mit Blick auf den Einfluss von Schichtarbeit auf den Menschen. "Wenn es aber um das Thema Mond und Schlaf geht, sind viele Forschende eher reserviert", sagt er. Allein schon das Aufsetzen einer seriösen Studie im Schlaflabor sei schwierig, sobald Freiwillige wüssten, dass es um den Mond gehe. "Das hat sofort einen psychologischen Einfluss und kann Ergebnisse verfälschen", sagt Cajochen.
Was weiß man über den Effekt des Vollmonds?
An Cajochens Institut zeigte sich im Rückblick einer Studie, bei der es eigentlich um Alzheimer ging, ein Effekt vom Vollmond auf das Schlafverhalten. In der Studie übernachteten gesunde Menschen als Kontrollgruppe im abgeschotteten Labor - ohne Blick auf den Mond.
Beim Blick auf die Daten zeigte sich: Die Testpersonen waren bei Vollmond abends aktiver und schliefen schlechter ein. Das Ergebnis überraschte Cajochen, der keine esoterische Neigung hegt und lieber einen Volksglauben widerlegt hätte. Sein Zwiespalt ließ ihn zögern, ehe er die Befunde 2013 doch veröffentlichte.
"Das Medieninteresse war massiv groß, und das wissenschaftliche massiv klein", berichtet er schmunzelnd. 2021 lieferte eine US-Studie, die den Einfluss des Mondes auf Menschen im ländlichen Argentinien teils ohne Elektrizität mit Studierenden in der Großstadt Seattle verglich, fast identische Ergebnisse. Andere Untersuchungen verzeichneten allerdings keine solchen Effekte.
"Es ist immer noch ein Mysterium", resümiert Cajochen. "Streng wissenschaftlich müsste man dieselben Menschen über zwei ganze Monate unter Laborbedingungen beobachten, um herauszufinden, ob sie wirklich innere Mond-Uhren haben." Circalunar heißt das in der Wissenschaft. Forschende haben solche Uhren für manche Tierarten bereits belegt. Für Menschen bleibt der Beweis schwierig. "Für eine Studie würde es vermutlich an Freiwilligen und am Geld fehlen", sagt Cajochen. Und selbst dann gebe es wahrscheinlich nicht automatisch eine Erklärung für die Beobachtungen.
Was hat der Mond mit der Zeitrechnung zu tun?
Leichter ist der Einfluss des Himmelskörpers auf den Kalender zu erklären: Der Mond steckt schon im Wort Monat. Etwa 28 Tage dauert es, bis er die Erde umrundet hat. Das war die Grundlage für die ursprüngliche Einteilung der Monate in vielen Kalendern.
Mit den Römern und Ende des 16. Jahrhunderts mit dem Gregorianischen Kalender setzte sich das Sonnenjahr durch: Danach haben die meisten Monate 30 oder 31 Tage. Das Osterdatum bleibt aber weiterhin mit dem Erdtrabanten verbunden: Es fällt auf den ersten Sonntag nach dem kirchlich definierten Frühlingsvollmond – und kann deshalb früher oder später im Jahr liegen. Rechnet eine christliche Kirche nicht nach dem Gregorianischen Kalender, verschiebt sich das Fest noch weiter nach hinten.
Wie groß ist der Mond eigentlich?
Viele Planeten unseres Sonnensystems haben einen Mond, oder sogar mehrere. Die Größe unseres Mondes im Verhältnis zur Erde ist aber nach heutigem Wissen einmalig und spektakulär: Mit einem Durchmesser von rund 3.476 Kilometern bietet er mehr als ein Viertel des Erddurchmessers am Äquator. Seine Entfernung zur Erde schwankt wegen der elliptischen Bahn zwischen rund 356.000 und 407.000 Kilometern.
Je näher der Mond der Erde kommt, desto heller und größer wirkt er, wenn auch nur minimal. Dabei leuchtet er nicht selbst, sondern wird von der Sonne angestrahlt. Größe und Helligkeit sind aber nichts im Vergleich zum frühen Erdzeitalter vor rund vier Milliarden Jahren. Damals sah die Erde ganz anders aus und der Mond war nur rund 60.000 Kilometer von der Erde entfernt – und muss gigantisch gewirkt haben. Nur gab es damals noch keine Menschen, die ein solches Spektakel hätten bestaunen können.