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Zusatzbeitrag für gesetzliche Krankenkassen soll 2023 steigen: Was das für euch bedeutet

Steigende Ausgaben belasten die Krankenkassen - und der Bund will nicht alles aus Steuermitteln ausgleichen. Nun kündigt die Regierung einen neuen Kostensprung für die Versicherten an. Um wie viel der Zusatzbeitrag steigen soll, lest ihr hier.

ANTENNE BAYERN ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG
Versichertenkarten Geld und Recht Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Auf die Mitglie­der der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen kommen im nächs­ten Jahr höhere Beiträge zu.

Um wie viel wird der Beitrag erhöht?

Der durch­schnitt­li­che Zusatz­bei­trag solle für Mitglie­der der Gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen um 0,3 Prozent­punkte stei­gen, kündigte Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) am Diens­tag, den 28. Juni 2022, in Berlin an. Dies bringe voraus­sicht­lich zwischen 4,8 und 5 Milli­ar­den Euro ein. Endgül­tig fest­ge­legt wird der durch­schnitt­li­che Zusatz­bei­trag durch einen offi­zi­el­len Schät­zer­kreis im Herbst. In diesem Jahr bekom­men die Kassen schon einen aufge­stock­ten Bundes­zu­schuss von 28,5 Milli­ar­den Euro. Damit sollte der durch­schnitt­li­che Zusatz­bei­trag vorerst bei 1,3 Prozent gehal­ten werden. Die konkrete Höhe ihres jewei­li­gen Zusatz­bei­trags legen die Kassen selbst fest. Der gesamte Beitrag umfasst dane­ben den allge­mei­nen Satz von 14,6 Prozent des Brut­to­lohns.

Warum wird der Beitrag erhöht?

Die Beitrags­er­hö­hung solle Teil eines Maßnah­men­pa­kets zur Deckung eines Defi­zits von 17 Milli­ar­den Euro sein. Leis­tungs­kür­zun­gen werde es nicht geben. Zur Deckung des Defi­zits solle zudem ein erhöh­ter Steu­er­zu­schuss in Höhe von 2 Milli­ar­den Euro und ein Darle­hen des Bundes in Höhe von 1 Milli­arde Euro beitra­gen. Darüber hinaus müss­ten andere Reser­ven ange­gan­gen werden – sowohl beim Gesund­heits­fonds als auch bei den Einzel­kas­sen seien noch solche Reser­ven vorhan­den.

Wir sind wirklich in einer schwierigen Situation», so Lauterbach. Bei den Kassen sind noch etwa 4 Milliarden Reserven, die wir heranziehen können und werden.

Karl Lauterbach

Im Fonds seien es 2,4 Milli­ar­den Euro.

Pharmaindustrie soll 1 Milliarde beisteuern

Wenn man diese Reserven heranzieht und die Verbreiterung der Einnahmenbasis (...) sind von den 17 Milliarden etwas mehr als 14 Milliarden bereits gedeckt,

Karl Lauterbach

Rund 3 Milli­ar­den Euro würden aus Effi­zi­enz­ver­bes­se­run­gen geho­ben. Hier­bei sei eine Soli­dar­ab­gabe für die Phar­ma­in­dus­trie hervor­zu­he­ben, die zuletzt erheb­li­che Umsatz­stei­ge­run­gen habe verzeich­nen können, so Lauter­bach. Ange­peilt werde eine einma­lige Abgabe von 1 Milli­arde Euro.

Lindner pochte auf Schuldenbremse

Lauter­bach teilte mit, über die geplante Finan­zie­rung des Milli­ar­den­lochs der Kran­ken­ver­si­che­rung habe er lange mit Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Chris­tian Lind­ner (FDP) verhan­delt. Nun gehe „ein guter Kompro­miss“ in die Ressortab­stim­mung der Bundes­re­gie­rung. Er teile Lind­ners Ziele, dass die Schul­den­bremse nicht verletzt werden solle, die Steu­ern nicht erhöht werden soll­ten und kein Nach­trags­haus­halt nötig werden solle, sagte Lauter­bach.

Kritik am Vorgänger

Lauter­bach übte Kritik an seinem Vorgän­ger Jens Spahn (CDU).

Die Bundesregierung hat die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen in einem sehr schwierigen Zustand vorgefunden,

Karl Lauterbach

 "Ich habe dieses Defi­zit im Wesent­li­chen von meinem Vorgän­ger geerbt." Lauter­bach sagte, dieser habe „teure Leis­tungs­re­for­men“ gemacht und von Struk­tur­re­for­men Abstand genom­men. So sei das Defi­zit in der Pande­mie­zeit entstan­den. Inzwi­schen seien Struk­tur­re­for­men ange­lau­fen – etwa im Klinik­be­reich.

Defizit durch politische Entscheidungen

Anfang des Monats hatte bereits der Spit­zen­ver­band der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen (GKV) das erwar­tete Milli­ar­den­de­fi­zit für 2023 unter ande­rem auf poli­ti­sche Entschei­dun­gen zurück­zu­füh­ren. So führ­ten Gesetze für mehr Pfle­ge­per­so­nal oder kürzere Warte­zei­ten beim Arzt allein zu daue­r­haf­ten Mehr­kos­ten von fünf Milli­ar­den Euro pro Jahr. Nun sagte Verbands­che­fin Doris Pfeif­fer:

Die heute vorgelegten Eckpunkte verschaffen der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt allenfalls eine finanzielle Atempause.

Doris Pfeiffer

Das Aufbrau­chen von Rück­la­gen sei „keine solide und nach­hal­tige Finan­zie­rung“.

Kritik von Seiten der Arbeitgeber

Heftige Kritik kam von den Arbeit­ge­bern. Die Eckpunkte seien enttäu­schend und kämen einem Taschen­spie­ler­trick gleich, sagte der Haupt­ge­schäfts­füh­rer ihres Verbands BDA, Stef­fen Kampe­ter. DGB-Vorstands­mit­glied Anja Piel nannte den Vorschlag einer Beitrags­er­hö­hung durch höhere kassen­in­di­vi­du­elle

Zusatz­bei­träge „brand­ge­fähr­lich“. Das verschärfe den Preis­wett­be­werb zwischen den Kassen um gesunde Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten und gefährde so das soli­da­ri­sche GKV-System.

Pläne sollen geprüft werden

Lauter­bach sagte zudem, ein Grund für die prekäre Finanz­lage der Kran­ken­ver­si­che­rung sei, dass ein 14-Milli­ar­den-Euro-Steu­er­zu­schuss wie geplant wegfalle. Dennoch – und trotz konjunk­tu­rel­ler Unsi­cher­hei­ten – werde das Defi­zit wohl nicht noch größer werden als bisher ange­nom­men. «

Ich erwarte keine weiteren "bad news"

Karl Lauterbach

Die FDP im Bundes­tag kündigte eine gründ­li­che Prüfung der Pläne an.

Für die anstehende Diskussion über die GKV-Finanzierung ist es hilfreich, dass der Gesundheitsminister seine Ideen auf den Tisch gelegt hat,

Fraktionsvize Lukas Köhler

Nun werde bera­ten, „was davon umge­setzt werden kann und wo es noch nach­zu­bes­sern gilt“.

Grüne wollen Reformen

Die Grünen beste­hen auf Struk­tur­re­for­men

Nachdem wir in der Pandemie viel Geld ausgegeben haben für Gesundheit und viele damit gutes Geld verdient haben - Geld, das nicht immer gut angelegt war - müssen wir jetzt unser Gesundheitswesen besser und effizienter machen, um das Defizit die nächsten Jahre wieder runterzufahren.

Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta

In der Krise müss­ten starke Schul­tern zudem mehr tragen.