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Sind Lebensmittel mit einer Extraportion Eiweiß notwendig?

Bei einem Gang durch die bayerischen Supermärkte fällt auf: Immer mehr Lebensmittel werden mit Eiweiß angereichert - ob Joghurt, Brot, Riegel. Die Kunden greifen zu und zahlen eine Menge. Doch ist das überhaupt nötig? Das sagen Experten dazu.

Eiweißpulver Gesundheit Pixel-Shot/Adobe Stock

Für soge­nannte Sport­ler­nah­rung wie Riegel, Pulver oder Pillen geben die Deut­schen im Jahr laut dem Markt­for­schungs­un­ter­neh­men Euro­mo­ni­tor mehr als 250 Milli­o­nen Euro aus. Kein Wunder also, dass die Lebens­mit­tel­in­dus­trie auf diesen Zug aufge­sprun­gen ist. Ist eine Ernäh­rung mit einer Extra­por­tion Eiweiß aber wirk­lich empfeh­lens­wert?

Proteinprodukte im Trend

In fast allen Super­märk­ten werden inzwi­schen Prote­ine in jegli­cher Ausfüh­rung für sport­lich Aktive ange­bo­ten. In den herkömm­li­chen Super­märk­ten und Discoun­tern haben
normale Lebens­mit­tel wie Müsli, Brot, Joghurt, Getränke, Fertig­ge­richte, Snacks und Süßig­kei­ten mit einer Extra­por­tion Protein einen Platz bekom­men. Die High Protein-Produkte sind nicht nur oft teurer als vermeint­lich prote­i­när­mere, sondern auch sehr modern und anspre­chend verpackt. Damit die Anbie­ter Lebens­mit­tel als „Pro­te­in­quelle“ bewer­ben dürfen, müssen diese laut dem Portal „Lebens­mit­tel­kla­r­heit“ gesetz­lich vorge­schrie­bene Mengen an Protein enthal­ten. So darf ein Lebens­mit­tel grund­sätz­lich nur dann mit dem Begriff „Pro­tein“ bewor­ben werden, wenn es einen Prote­in­ge­halt von mindes­tens 12 Prozent, bezo­gen auf den Kalo­ri­en­ge­halt, aufweist. Als „pro­te­in­reich“ darf es nur bezeich­net werden, wenn es einen Prote­in­ge­halt von mindes­tens 20 Prozent, bezo­gen auf die Kalo­rien aufweist.

Werden Protein-Produkte benötigt?

Prote­in­rie­gel und -shakes waren lange Zeit nur bei Sport­lern im Fitness­stu­dio beliebt. Doch mitt­ler­weile gibt es auch im Super­markt immer mehr Produkte mit Eiweiß­zu­satz. Solche Lebens­mit­tel sollen schnell satt und dadurch schlank machen sowie beim Muske­lauf­bau helfen. Aber selbst für Sport­ler ist eine Ernäh­rung mit einer
Extra­por­tion Eiweiß über­f­lüs­sig, berich­tet die Verbrau­cher­zen­trale in einer aktu­el­len Mittei­lung.

Es kommt auf den Verbrauch an

Das Eiweiß, das der Körper zu viel aufnimmt, wird laut Ernäh­rungs­ex­per­ten einfach wieder ausge­schie­den. Das heißt: Nicht das Eiweiß macht die Muskeln, sondern: Wer viel Eiweiß verbraucht, zum Beispiel, weil er extrem viel Sport macht, der hat auch einen erhöh­ten Bedarf.

Proteine liefern dem Körper Aminosäuren und Stickstoff, die er unter anderem für den Aufbau körpereigener Proteine, Enzyme, Hormone benötigt. Menschen sind auf eine ausreichende Zufuhr bestimmter Aminosäuren über die Nahrung angewiesen, die der Körper nicht selbst bilden kann.

Verbraucherzentrale

Die Deut­sche Gesell­schaft für Ernäh­rung (DGE) empfiehlt für gesunde Erwach­sene eine tägli­che Zufuhr von 0,8 Gramm Eiweiß je Kilo­gramm Körper­ge­wicht. Bei einem 70 Kilo­gramm schwe­ren Menschen entspricht das einer Eiweiß­menge von 56 Gramm am Tag. Doch euer persön­li­cher Prote­in­be­darf ist von vielen verschie­de­nen Fakto­ren abhän­gig, beispiels­weise von eurem Alter, Geschlecht und Gewicht. Aber auch eure persön­li­chen Trai­nings­ge­wohn­hei­ten und Fitness­ziele haben Einfluss darauf, wie viel Eiweiß ihr am Tag benö­tigt. Von der DGE gibt es keine geson­derte Empfeh­lung für die Prote­in­zu­fuhr für Sport­ler. Klar ist aber, dass bei inten­si­vem Ausdau­er­sport oder bei Kraft­trai­ning zum geziel­ten Muske­lauf­bau oder Shaping eine ausrei­chende Eiweiß­auf­nahme wich­tig ist.

Mehr Protein für Sportler?

Seien wir ehrlich: Eiweiß und Muske­lauf­bau gehen Hand in Hand. Der Makro­nähr­stoff ist für die Repa­ra­tur des Muskel­ge­we­bes uner­läss­lich und enthält viele Amino­säu­ren: die Bausteine der Kraft. Nach Anga­ben des DGE liegt die tägli­che Refe­renz­zu­fuhr von Eiweiß bei 0,8 Gramm Eiweiß je Kilo­gramm Körper­ge­wicht. Bevor wir heraus­fin­den, wie viel Eiweiß Sport­ler brau­chen, soll­ten wir zunächst einmal genau defi­nie­ren, was Eiweiß ist. Einfach ausge­drückt ist Eiweiß ein Makro­nähr­stoff – ein Nähr­stoff, den wir in größe­ren Mengen benö­ti­gen-, der aus Amino­säu­ren aufge­baut ist, die zu langen Ketten zusam­men­ge­fügt sind. Einige dieser Ketten kann der Körper selbst herstel­len – die so genann­ten „nicht-essen­ti­el­len“ Amino­säu­ren – und andere nicht. Diese werden als „essen­zi­elle“ Amino­säu­ren bezeich­net und müssen mit der Nahrung aufge­nom­men werden. Wenn ihr beispiels­weise eine Hühner­brust esst, zerlegt euer Körper die Prote­ine in ihre einzel­nen Amino­säu­ren, die er dann zum Aufbau neuer Muskeln, Organe und Haare verwen­det. Es gibt eine Reihe von Forschungs­er­geb­nis­sen, die die Rolle von Eiweiß beim Muske­lauf­bau bestä­ti­gen.

... die Aufnahme von Eiweiß führt nachweislich zu einer zusätzlichen Zunahme der fettfreien Körpermasse, die über die mit Widerstandstraining allein beobachtete Zunahme hinausgeht.

aus einer in der Zeitschrift "Nutrients" veröffentlichten Studie

Esst ihr genug Eiweiß?

Spitzensportler nehmen täglich etwa 2 g pro kg zu sich

Dr. Karen Reid,  eine sportwissenschaftliche Ernährungsberaterin, die mit dem walisischen Rugbyteam zusammengearbeitet hat, und Gründerin von Performance Food

Sie empfiehlt, in den ersten 12 Wochen eines neuen Trai­nings­pro­gramms in die Nähe dieses Wertes zu kommen. Nach 12 Wochen empfiehlt sie eine Redu­zie­rung auf 1,2 g bis 1,6 g pro Kilo. Eine Studie von Forschern der Univer­si­tät Maas­tricht hat außer­dem erge­ben, dass selbst eine beschei­dene Erhö­hung des Prote­in­ge­halts von 15 % auf 18 % der Kalo­rien die nach einer Gewichts­ab­nahme nach­ge­wie­sene Fett­menge um 50 % redu­ziert.

Wie viel mehr Protein braucht man denn nun?

Ob eine höhere oder nied­ri­gere Prote­in­zu­fuhr besser ist, wird bis heute selbst von Wissen­schaft­lern kontro­vers disku­tiert. Es gibt Verfech­ter aus der „high Protein“ und der „low Protein“-Frak­tion, die ihre Argu­mente ins Feld führen. Man weiß nicht 100% genau, wie viel Protein für Athle­ten opti­mal ist. Wobei es immer wieder Studiener­geb­nisse gibt, in welchen eine mitt­lere bis hohe Prote­in­zu­fuhr besser abschnei­det. Eine hohe Prote­in­zu­fuhr könnte Vorteile für Athle­ten haben, die zu gering sind, um in Studien gemes­sen zu werden (sich aber über die Dauer zu beträcht­li­chen Vortei­len aufsum­mie­ren).

Schluss­fol­ge­rung: Es gibt keinen Grund, sich nicht eher am oberen Limit der Prote­in­emp­feh­lun­gen zu orien­tie­ren! (Solange alle ande­ren wich­ti­gen Nähr­stoffe abge­deckt sind.) Das heißt jedoch nicht: mehr ist immer besser. Eine über­trie­ben hohe Zufuhr könnte lang­fris­tig genau so zu bisher nicht entdeck­ten Proble­men führen. Die Devise lautet daher: mitt­lere bis hohe, aber keine extrem hohe Prote­in­zu­fuhr. Eure opti­male Prote­in­zu­fuhr hängt vor allem von der Art und der Dauer eures Trai­nings, eurer kcal-Zufuhr und euren Zielen ab. Die mini­male Prote­in­zu­fuhr ist nicht dasselbe wie die opti­male Prote­in­zu­fuhr.

Hier könnt ihr die Studien und Informationen nachlesen: