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Überstunden: Wie viele sind eigentlich erlaubt?

Viele Arbeitnehmer arbeiten mehr als im Vertrag geregelt. Und das nicht immer freiwillig. Doch wie viele Überstunden sind eigentlich erlaubt? Wir haben das Wichtigste für euch zusammengefasst.

Überstunden wie viel Foto: Elisa Ventur/unsplash

In Deut­sch­land fallen nach Gewerk­schafts­an­ga­ben jähr­lich viele Milli­o­nen Über­stun­den an. Die Bezah­lung der Über­stun­den beschäf­tigt immer wieder die Arbeits­ge­richte.

Wie viele Überstunden sind erlaubt?

Wie lange Arbeit­neh­mer maxi­mal arbei­ten dürfen, ist im Arbeits­zeit­ge­setz fest­ge­legt. Laut Gesetz dürfen Arbeit­neh­mer von Montag bis Sams­tag jeweils acht Stun­den arbei­ten. Also maxi­mal 48 Stun­den pro Woche. Bei einer norma­len 40-Stun­den-Arbeits­wo­che sind dann bis zu acht Über­stun­den zuläs­sig. Das Arbeits­­­zeit­­ge­setz lässt auch eine Auswei­tung auf bis zu 10 Stun­den Arbeit pro Tag zu

„Diese zusätzlichen Stunden müssen dann aber innerhalb von sechs Monaten ausge­glichen werden, und zwar durch Freizeit; lediglich in einem Tarif­vertrag können andere Ausgleichs­zeiträume festgelegt werden“,

Dr. Barbara Reinhard

sagt Dr. Barbara Rein­hard vom DAV. Diese Ausnahme aber gilt nicht für Arbeit­neh­mer unter 18 Jahren. Denn sie dürfen grund­sätz­lich nicht länger als 40 Stun­den pro Woche arbei­ten.

Wie müssen Überstunden bezahlt werden?

Über die Bezah­lung wird oft gestrit­ten. Die Regeln bei Klagen blei­ben streng – trotz der EU-Pflicht zur präzi­sen Arbeits­zei­t­er­fas­sung.

„Ob und wie zusätzliche Arbeit vergütet oder durch Freizeit ausge­glichen wird, ergibt sich häufig aus dem Tarif­vertrag oder aus dem Arbeits­vertrag“,

Dr. Barbara Reinhard

Wann müssen Überstunden geleistet werden?

Eine gesetz­li­che Pflicht zur Über­nahme von Über­stun­den gibt es in Deut­sch­land nicht. Gibt es keine arbeits­ver­trag­li­che Verpflich­tung zur Leis­tung von Über­stun­den und wird diese auch nicht durch Betriebs­ver­ein­ba­rung oder Tarif­ver­trag gere­gelt, besteht keine Pflicht des Arbeit­neh­mers, Über­stun­den zu arbei­ten.

Wie ist der Stand zu Vergütungsansprüchen?

Arbeit­neh­mer müss­ten bei Vergü­tungs­ansprü­chen auch künf­tig darle­gen, dass die Zahl an Über­stun­den notwen­dig, ange­ord­net, gedul­det oder zumin­dest nach­träg­lich vom Arbeit­ge­ber gebil­ligt wurde, entschied das Bundes­a­r­beits­ge­richt im Mai in einem Grund­satz­ur­teil in Erfurt. An der Darle­gungs- und Beweis­last der Arbeit­neh­mer im Über­stun­den­pro­zes­sen ändere das in Deut­sch­land viel disku­tierte Stech­uhr-Urteil des Euro­pä­i­schen Gerichts­hofs (EuGH) zur tägli­chen Arbeits­zei­t­er­fas­sung nichts. Das EuGH-Urteil ziele auf Arbeits­schutz durch Eindäm­mung ausufern­der Arbeits­zei­ten und nicht auf Vergü­tungs­ansprü­che der Arbeit­neh­mer, begrün­de­ten die höchs­ten deut­schen Arbeits­rich­ter ihre Entschei­dung. Sie bestä­tig­ten damit ihre bishe­rige Recht­spre­chung bei Über­stun­den-Vergü­tungs­kla­gen. Der Euro­pä­i­sche Gerichts­hof hatte mit einem Urteil von Mai 2019 Arbeit­ge­ber verpflich­tet, die volle Arbeits­zeit ihrer Beschäf­tig­ten täglich syste­ma­tisch zu erfas­sen – quasi wie mit einer digi­ta­len Stech­uhr. Darauf berief sich ein Auslie­fe­rungs­fah­rer einer Einzel­han­dels­firma aus Nieder­sach­sen, der mit seiner Klage nicht genom­mene Pausen als Über­stun­den bezahlt haben wollte. Er argu­men­tierte, die tech­ni­sche Erfas­sung seiner Arbeits­zeit reiche aus, um Über­stun­den zu doku­men­tie­ren.

"Eine reine Kommen-und-Gehen-Erfassung ist ein bisschen wenig als Argument",

Rüdiger Linck

sagte der Vorsit­zende Rich­ter Rüdi­ger Linck in der Verhand­lung. Der Kläger sei eine Begrün­dung schul­dig geblie­ben, warum die Über­stun­den von ihm geleis­tet werden muss­ten und keine Pausen möglich gewe­sen seien.

"Die Behauptung, es ging nicht anders, reicht nicht aus."

Rüdiger Linck

Linck verwies darauf, dass Arbeit eine weisungs­ge­bun­dene Tätig­keit ist. In der Entschei­dung des Bundes­a­r­beits­ge­richts heißt es, Arbeit­neh­mer müss­ten zur Begrün­dung einer Klage auf Über­stun­den­ver­gü­tung darle­gen, dass sie „Arbeit in einem die Norma­l­a­r­beits­zeit über­stei­gen­den Umfang geleis­tet oder sich auf Weisung des Arbeit­ge­bers hierzu bereit­ge­hal­ten“ haben. Da Arbeit­ge­ber Vergü­tung nur für von ihnen veran­lasste Über­stun­den zahlen müss­ten, sei deut­lich zu machen, dass diese „ausdrü­ck­lich oder konklu­dent ange­ord­net, gedul­det oder nach­träg­lich gebil­ligt“ wurden. Der Anwalt des beklag­ten Handels­un­ter­neh­mens machte zudem geltend, dass das Stech­uhr-Urteil des EuGH bisher nicht in deut­sches Recht umge­setzt worden sei.

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