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Bloß raus da?! Wie ihr eine toxische Beziehung erkennt und beendet

Viele glauben: In einer toxischen Beziehung gibt es Täter und Opfer. Expertinnen erklären, warum dieses Bild problematisch ist, welche Warnzeichen man kennen sollte - und wie Betroffene da rauskommen.

Paar ist toxisch Liebe Foto: Courtney Clayton Pixabay

Von toxischen Beziehungen ist in letzter Zeit häufig Rede. Und von toxischen Menschen, die man besser aus seinem Leben entfernt. Was hat es mit diesem Begriff auf sich? Und trägt wirklich immer ein narzisstischer Partner die Schuld, wenn sich in einer Beziehung eine ungesunde Dynamik entwickelt? Eines vorweg: So einfach ist es nicht. In diesem Überblick erfahren Sie, was wirklich hinter toxischen Beziehungen steckt. Und wie Sie damit umgehen, falls Sie in einer solchen Partnerschaft stecken.

Was ist überhaupt eine toxische Beziehung?

Denken wir an eine toxische Beziehung, entsteht meist folgendes Bild im Kopf: Auf der einen Seite der Narzisst, der die toxische Dynamik erzeugt, auf der anderen der Empathische, der extremes Leid verspürt und nicht aus der Beziehung rauskommt. «Das ist der Klassiker», sagt Annika Felber, Systemische Beraterin aus Koblenz. 
Genauso gut könnten aber beide Partner zu einer ungesunden Dynamik beitragen und damit eine toxische Beziehung erzeugen, sagt Felber, die ein Buch zu dem Thema geschrieben hat («Du tust mir nicht gut!»). Einen Narzissten brauche es dafür erst einmal nicht.

Es sind immer zwei Personen beteiligt, nicht nur eine.

Psychotherapeutin Bärbel Wardetzki aus München

Die Buchautorin («Und das soll Liebe sein?») hält nichts von den Kategorien Täter (oft der Mann) und Opfer (in der Regel die Frau). Jedenfalls, solange sich niemand tatsächlich im juristischen Sinne als Täter verhält, indem er etwa gewalttätig wird. Toxische Beziehungen würden häufig mit narzisstischen Beziehungen in Zusammenhang gebracht, in denen eine Person versuche, manipulativ Macht und Kontrolle auszuüben, so Wardetzki.

Aber nur, weil jemand Macht ausübt, muss er kein Narzisst sein.

Psychotherapeutin Bärbel Wardetzki aus München

Diese Kategorie ist ohnehin mit Vorsicht zu genießen. Gut zu wissen: In der ICD-11, der neusten internationalen Klassifikation von Krankheiten, findet sich die narzisstische Persönlichkeitsstörung als Unterkategorie nicht mehr. Wardetzki sieht es vielmehr so: Jeder, der sich in einer Beziehung dem anderen gegenüber destruktiv verhält, hat ein ungelöstes Bindungsthema. «Im Grunde sind das Nöte. Man verhält sich oft so, weil man Angst hat, dass der andere wieder geht.» Die Expertin lehnt daher den Begriff toxische Beziehung ab. Sie drückt es lieber so aus: «Es gibt nur zwei Menschen, die schlecht miteinander umgehen und sich dadurch verletzen.»

Was sind Anzeichen für eine toxische Beziehung?

Ob man den Begriff nun benutzen will oder nicht: Zweifellos gibt es ungesunde Beziehungen, die Menschen in tiefes Unglück stürzen. Folgende Merkmale können für eine toxische Beziehung sprechen: 

  • Gewalt: «Jegliche Form von Gewalt - ob körperlich, sexualisiert oder psychisch - ist ein ganz eindeutiges Merkmal für eine toxische Beziehung», sagt Annika Felber.
  • Psychische Gewalt ist allerdings oft nicht sofort als solche zu erkennen. Das macht es schwierig. 
  • Gefühltes Leid: Nach Ansicht von Felber ist subjektives Leiden ein Hauptmerkmal von toxischen Beziehungen. Betroffene können sogar psychosomatische Beschwerden entwickeln. «Das passiert recht oft, dass der Körper irgendwann Alarm schlägt», sagt sie. 
  • Ungleichgewicht: In destruktiven Beziehungen gehen die Partner nicht auf Augenhöhe miteinander um. «Es kann sein, dass der andere mich dauerhaft bemuttert und kleinhält oder ständig alles besser weiß», sagt Felber. Eine Person zieht immer den Kürzeren. 
  • Kontrollverhalten: Häufig fängt ein Partner an, den anderen zu kontrollieren, oft aus krankhafter Eifersucht heraus. Das Handy wird zum Beispiel durchsucht. Oder der Mann verbietet der Frau den Umgang mit bestimmten Freundinnen. «In solchen Beziehungen geht es viel um Macht, Angst und Unterordnung», sagt Wardetzki. Häufige Folge: Ein Partner verliert zunehmend die Autonomie.

Sind solche Beziehungen von Anfang an toxisch?

Nein. Zumindest fühlen sie sich meistens nicht so an.  

  • Typisch ist Love Bombing. Schon nach dem ersten oder zweiten Date wird die oder der Angehimmelte mit Liebesbeweisen überhäuft: große Worte, große Gesten, große Geschenke. Oft stellt sich im Rückblick auch heraus: Schon ganz früh haben sich Aussagen widersprochen. Das Bild, das der andere von sich gezeichnet hat, war nicht stimmig und authentisch. Problematisches Verhalten wie Bevormundung zeigt sich schon im Kleinen. Annika Felber nennt ein Beispiel: Der Mann fragt die Frau beim Date: «Willst du wirklich diese Pizza essen?»

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