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Ein Fisch namens «Furzgrundel» soll wieder heimisch werden

Offiziell heißt der akut vom Aussterben bedrohte Fisch Schlammpeitzger. Wie er wieder eine Heimat in Bayern finden soll, wer ihn bedroht - und warum er «Furzgrundel» genannt wird.

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Schlammpeitzger Markus Hibbeler/dpa

Bamberg (dpa/lby) - Ein vom Aussterben bedrohter Fisch mit eigenwilligem Namen soll in Bayern wieder angesiedelt werden. 200 Schlammpeitzger sind kürzlich in ausgesuchten Biotopen und Altwässer des Mains bei Bischberg im Landkreis Bamberg ausgesetzt worden. Auch an der Donau gab es nach Angaben des Landesamts für Umwelt (LfU) vor einigen Jahren einen Versuch, das gefährdete Tier wieder heimisch werden zu lassen.

Der Schlammpeitzger hat aber umgangssprachlich noch einen anderen Namen - und der dürfte ganze Grundschulklassen zum Lachen bringen: «Furzgrundel». Das liegt an der speziellen Atmung des Fisches, wie Thomas Speierl, Fischereifachberater des Bezirks Oberfranken, erläuterte: Der kleine Fisch besitze die Fähigkeit der Darmatmung, «bei der Sauerstoff über die Darmschleimhaut aufgenommen und der Rest über den Darm entlassen wird». Deshalb werde der Schlammpeitzger umgangssprachlich auch als «Furzgrundel» bezeichnet.

Alles andere als ein typischer Fisch

«Früher war der Schlammpeitzger noch häufig in den Gewässern Nordbayerns zu finden, jetzt ist der Fisch bei uns kaum noch nachweisbar», sagte der oberfränkische Bezirkstagspräsident Henry Schramm.

Vor allem Gewässerausbau, Trockenlegungen und Begradigungen führten zum Verlust der ursprünglichen Lebensräume des bedrohten Fisches, teilte der Bezirk mit. «Umso wichtiger ist es, die geeigneten Lebensräume für den Schlammpeitzger wiederherzustellen mit entsprechenden Verlandungszonen im Bereich von Altarmen und Altwässern in der Aue, vernetzt durch Grabensysteme», sagte Stephan Kröner, Vorstandschef der Fischerzunft Bischberg, die am Projekt beteiligt ist.

Der Schlammpeitzger sieht nicht aus wie ein typischer Fisch: Der Körper ist den Angaben nach walzenförmig, seine Farbe ist hellbraun bis gelblich. In oberfränkischen Gewässern wird er maximal 20 Zentimeter lang.

Schlammpeitzger auch für die Donau

Sein Lebensraum ist der Grund von langsam fließenden oder stehenden Gewässern mit ausreichend Schlammgrund und vielen Pflanzen. Er kann auch in warmen und sauerstoffarmen Gewässern gut leben. Bei Bedarf kann er sich bis zu 70 Zentimeter in den Gewässergrund eingraben.

Nach LfU-Angaben sind die meisten Lebensräume des Tieres - Gräben, Altwässer und Tümpel - durch Gewässerverbauungen und Trockenlegungen verloren gegangen. Im Zuge von Renaturierungsmaßnahmen sind aber mancherorts wieder gute Bedingungen entstanden.

Das Landesamt hat 2021 in seinen Teichanlagen nachgezüchtete Exemplare in Kooperation mit anderen Experten im Donaugraben unterhalb von Deggendorf angesiedelt - und zwar 4.500 Tiere.

Konkurrenz durch invasive Verwandtschaft

Und was ist aus ihnen geworden? Ihnen erwuchs Konkurrenz aus dem Ausland. Im Sommer 2022, ein Jahr nach der Wiederansiedlung, habe man zahlreiche Individuen des Europäischen Schlammpeitzger wiedergefunden, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Damit sei eine erste erfolgreiche Überwinterung belegt gewesen. Allerdings habe man im Zuge des Monitorings auch vier Individuen des «gebietsfremden und invasiven Nordchinesischen Schlammpeitzgers» gefangen.

Bei einer weiteren Kontrollbefischung 2023 seien fast nur noch Exemplare dieser Art nachgewiesen worden, der einheimische Europäische Schlammpeitzger sei hingegen nur noch vereinzelt angetroffen worden. Man gehe deshalb davon aus, dass der wieder angesiedelte Bestand des europäischen Tieres komplett durch den konkurrenzstärkeren Nordchinesischen Schlammpeitzger verdrängt worden sei. Eine endgültige Verifizierung stehe noch aus. Auf welchem Weg der Nordchinesische Schlammpeitzger in das Gewässer kam, sei unklar.

Viele Fischarten sind gefährdet

In Bischberg am Main jedenfalls ist geplant, in den kommenden zwei Jahren noch einmal Tiere auszusetzen - und dann zu überprüfen, ob es gelungen ist, sie heimisch werden zu lassen.

Nach LfU-Angaben gelten aktuell 40 Arten beziehungsweise 53 Prozent der Fische und Rundmäuler Bayerns als gefährdet. Um ihr Aussterben zu verhindern, laufe seit Herbst 2022 ein groß angelegtes Artenhilfsprojekt, das bereits erste Erfolge zeigt, etwa bei Arten wie Huchen, Streber oder Edelkrebs.

© dpa-infocom, dpa:251103-930-241743/1