Garmisch-Zugunglück: Ermittlungen gegen drei Bahnmitarbeiter wegen fahrlässiger Tötung
Wer ist verantwortlich für das schwere Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen? Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen drei Bahnmitarbeiter. Mehr Infos hier.
Die Staatsanwaltschaft München II hat nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen ein Ermittlungsverfahren gegen drei Personen wegen des Verdachtes der fahrlässigen Tötung eingeleitet.
Bei den Beschuldigten handele es sich um Mitarbeiter der Deutschen Bahn, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II mit. Laut Medienberichten sind es der Fahrdienstleiter, der Lokführer und die für den Streckenzustand verantwortliche Person.
Handelt es sich um menschliches Versagen?
Es bestehe der Verdacht, dass die Beschuldigte Sorgfaltspflichten verletzt haben – so die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage von ANTENNE BAYERN. Zur Unglücksursache könne allerdings weiterhin noch nichts Konkretes gesagt werden, hier erlaufen die Ermittlungen weiter und man stehe noch ganz am Anfang.
Es gelte weiterhin die Unschuldsvermutung, bis sich der Verdacht gegen die Beschuldigten möglicherweise erhärte. Von menschlichem Versagen sei derzeit noch nicht auszugehen. Weiterhin sei ein technisches Versagen am wahrscheinlichsten. Dennoch gäbe es Menschen, die für diese Technik verantwortlich seien. Daher nun die eingeleiteten Ermittlungen.
Das ist der aktuelle Stand der Ermittlungen
Die Ermittler der Soko „Zug“ arbeiten seit Freitag daran, den Unfall zu rekonstruieren. Man stelle sich auf „langwierige Ermittlungen“ ein, sagte ein Polizeisprecher. Fahrgestelle von Waggons seien bereits sichergestellt worden, „und es wird im Moment auch überlegt, inwieweit einzelne Schienen oder Schwellen sichergestellt werden müssen. Auf jeden Fall werden die im Moment peinlichst genau untersucht und vermessen“, so Bayerns Innenminister Joachim Hermann.
Der Lokführer wurde nach Polizeiangaben zwar vernommen. Was er gesagt hat, teilte die Polizei allerdings nicht mit. Ein Fehler des Fahrpersonals ist laut Herrmann im Moment nicht ersichtlich. Aber es werde immer noch in alle Richtungen ermittelt.
Sicher sei bislang nur, dass ein Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug ausgeschlossen werden könne. Die Strecke war nach Angaben eines Bahnsprechers mit elektronischen Stellwerken und moderner Sicherungstechnik ausgerüstet.
Stehen geplante Reparaturarbeiten in Zusammenhang mit dem Unglück?
Nach einem Bericht der Zeitung «Die Welt» plante die Deutsche Bahn auf der Unglücksstrecke in Kürze Sanierungsarbeiten an den Gleisen. Demnach sollten vom 25. Juni bis 9. Juli zwischen Oberau und Garmisch-Partenkirchen eine nächtliche Gleislageberichtigung und Schienenerneuerungen stattfinden. Tatsächlich war die Bahnstrecke zwischen Murnau und Garmisch-Partenkirchen wegen Hochwasser der Loisach mehrere Wochen nicht befahrbar, so zitiert die dpa aus einem Medienbericht. Die Deutsche Bahn habe auf Fragen der «Welt» dazu mitgeteilt, aufgrund der laufenden Ermittlungen könne sie sich hierzu derzeit nicht äußern.
Bergungsarbeiten gehen voran
Das THW hat seinen Einsatz im Rahmen der Bergungsarbeiten am Mittwoch abgeschlossen. Die Einsatzkräfte waren über das Pfingstwochenende bis Montag Abend rund um die Uhr im Einsatz. Nach Abschluss der Menschenrettung war die Hauptaufgabe zusammen mit der Deutschen Bahn die Bergung der entgleisten Waggons. Darüber hinaus wurde die Einsatzstelle in den Nachtstunden mit Einsatz von Stromerzeugern und Leuchtballons ausgeleuchtet.
Aktuell wird bis zum Abtransport der noch auf dem Gleis verbliebenen Zugteile die Unfallstelle weiterhin am Abend und in der Nacht beleuchtet. Die Lok und der Waggon eins werden noch unbestimmte Zeit am Unfallort verbleiben, da noch Ermittlungen erforderlich sind.
Straßensperren wieder aufgehoben
Fünf Tage nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen sind die Bundesstraße 2 und der Tunnel Farachnt am Unglücksort in Kürze wieder befahrbar. Die Verkehrssperren entlang der viel befahrenen Route in der Ferienregion werden aufgehoben, teilte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd mit.
In Fahrtrichtung Süden waren Bundesstraße sowie der Tunnel Farchant bereits wieder für den Verkehr freigegeben. Nach Norden in Richtung München werde mit der Aufhebung der Sperre im Laufe des Mittwochnachmittags gerechnet.
Zugstrecke weiterhin gesperrt
Die Bahnstrecke zwischen Garmisch-Partenkirchen und Oberau bleibt vorerst gesperrt. Züge aus Richtung München wenden vorzeitig in Oberau. Aus Richtung Mittenwald wenden die Züge vorzeitig in Garmisch-Partenkirchen. Es gibt zudem einen Schienenersatzverkehr mit Bussen. Eine Prognose zur Freigabe der Strecke sei nicht möglich, teilte die DB mit.
Bei dem schweren Zugunglück am vergangenen Freitag kamen fünf Menschen ums Leben, davon vier erwachsene Frauen und ein Teenager. Die Identitäten stehen mittlerweile zweifelsfrei fest. Bei dem Teenager handelt es sich um einen 13-Jährigen aus dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Zwei weitere Opfer, zwei Frauen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit im Alter von 30 (Korrektur zum Wochenende – nicht 32) und 39 Jahren waren ebenfalls bis zuletzt im Landkreis Garmisch-Partenkirchen wohnhaft. Unter den Opfern befinden sich außerdem eine 51-Jährige aus Wiesbaden sowie eine 70-jährige Frau aus dem Landkreis München. Über 40 weitere Menschen wurden verletzt. Eine 34-jährige Frau befindet sich nach wie vor in einem kritischen Zustand.