Gender-Verbot: Was passiert, wenn Beamte gendern?
In Bayerns Schulen und vielen Behörden darf nicht mehr gegendert werden. Was bedeutet das für Beamten und Beamtinnen?
Im Dezember hat Ministerpräsident Söder erstmals Schritte gegen Gendersprache in Bayern angekündigt. Nun hat die Staatsregierung die entsprechende Verordnung geändert.
1. Was ist Gendersprache und warum ist sie umstritten?
Gendersprache bezeichnet geschlechtergerechte oder geschlechtersensible Sprache, die darauf abzielt, alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten einzubeziehen und niemanden auszuschließen. In Deutschland wurde traditionell oft das generische Maskulinum verwendet: Hierbei wird die männliche Form genutzt, wobei alle anderen Geschlechter mitgemeint sind. Diese „Mitgemeinten“ umfassen Frauen sowie nicht-binäre und queere Menschen, die sich in der traditionellen binären Geschlechterdarstellung von Mann und Frau nicht ausreichend repräsentiert fühlen. Viele Kritiker argumentieren, dass diese Praxis die Realität nicht genau genug widerspiegelt und die „Mitgemeinten“ somit ausschließt und abwertet. Dies wird als letztlich sexistisch und queerfeindlich angesehen. Das Ziel ist es, sprachliche Ausdrücke und Strukturen zu verwenden, die gleichermaßen Männer, Frauen und alle anderen Geschlechtsidentitäten berücksichtigen.
Um die Tatsache zu reflektieren, dass es nicht nur Leser, sondern auch Leserinnen gibt, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Man kann dies ausschreiben oder mit sogenannten Wortbinnenzeichen darstellen, wie dem Binnen-I (LeserInnen) oder dem Schrägstrich (Leser/innen).
- Es gibt noch weiterführende inklusive Wortinnenzeichen, die nicht nur Männer und Frauen einschließen, sondern alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten berücksichtigen möchten.
- Hierzu gehören das Sternchen (Leser*innen), der Unterstrich (auch bekannt als "Gender-Gap", also Leser_innen) und der Doppelpunkt (Leser:innen).
- Zusammengefasst: Wer geschlechtersensible Sprache verwendet, bemüht sich, möglichst viele Menschen zu inkludieren und niemanden auszuschließen.
Trotz dieser positiven Intentionen gibt es Kritiker, die in Gendersprache eine ideologische Prägung sehen. Sie argumentieren, dass der Gebrauch von Gendersprache übermäßig kompliziert und unnatürlich sein kann und dass es zu einer Spaltung der Gesellschaft in verschiedene Gruppen führen könnte. Diese Kritiker befürchten, dass durch die Anwendung von geschlechtersensibler Sprache traditionelle Sprachnormen verletzt und die Kommunikation erschwert wird, anstatt sie zu erleichtern.
2. Was besagt die neue Verordnung in Bayern?
Die Verwendung geschlechtersensibler Gendersprache in Schulen, Hochschulen und Behörden in Bayern ist nun ausdrücklich verboten. Dies betrifft insbesondere die Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO). Dabei sind Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Gender-Gap, Genderstern, Doppelpunkt oder Mediopunkt ausdrücklich unzulässig.
3. Warum wurde die Verordnung geändert?
Die Entscheidung zur Änderung der Verordnung wurde damit begründet, dass Sprache klar und verständlich sein muss. Ziel ist es, zu verhindern, dass ideologisch geprägte Sprache eine exkludierende Wirkung hat und Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten.
4. Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen das Gender-Verbot?
- Bei Beamten: Erst ein Dialog zwischen Vorgesetztem und Beamten, danach eventuell eine Rüge oder Ermahnung. Bei wiederholten Verstößen droht ein Verweis oder eine Geldbuße bis zur Höhe der monatlichen Dienstbezüge.
- Bei Angestellten: Ein Dialog mit dem Vorgesetzten, bei Wiederholung eine arbeitsrechtliche Abmahnung und im schlimmsten Fall eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
5. Gibt es Ausnahmen vom Verbot?
In Bayern dürfen Kinder sich weiterhin um eine geschlechtergerechte Sprache bemühen. Lehrkräfte sind nicht verpflichtet, das Gendern von Texten mit Sonderzeichen als Fehler zu werten. Die Regelung betrifft hauptsächlich den dienstlichen Schriftverkehr und nicht das gesprochene Wort.
6. Wie sieht die Regelung in anderen Bundesländern aus?
- Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein bewerten Wortbinnenzeichen wie Gender-Sternchen oder Doppelpunkt als Fehler.
- Sachsen hat das härteste Genderverbot, das auch für Vereine oder Nichtregierungsorganisationen gilt.
- In anderen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Bremen, Berlin, Niedersachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland ist Gendern mit Sonderzeichen ausdrücklich erlaubt. In Hessen gibt es ab 2024 Punktabzug für das Gendern mit Wortinnenzeichen.
7. Welche weiteren Meinungen gibt es zu dem Thema?
- Die Arbeiterwohlfahrt Bayern sieht das Verbot als Widerspruch zum geplanten Aktionsplan Queer.
- Der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt nicht, Wortbinnenzeichen im Wortinneren zu verwenden, da diese die Verständlichkeit von Texten beeinträchtigen können.
- Der Bayerische Lehrerverband zeigt sich in seiner Reaktion grundsätzlich zufrieden mit den neuen Vorgaben. Er wünscht sich jedoch mehr Selbstbestimmung und Freiheiten für die Schulen vor Ort. Zudem sind Lehrkräfte nicht verpflichtet, das Gendern von Texten mit Sonderzeichen als Fehler zu werten.